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486 Psychische Studien. XLV. Jahrg. 11. Heft. (November 1918.)
Sardou und Jules Clar^tie (Mitglied der französichen
Akademie) zu experimentieren nicht unter ihrer Würde
hielten, ließ während des letzten Dezenniums jährlich einen
Mode-Almanach**) für die Pariser Lebewelt erscheinen, in
dem neben kabbalistischen und chiromantischen, oft recht
unklaren Eröffnungen und Wetterprognosen, neben Ratschlägen
über Behandlung schlechter Dienstboten und zur
Kunst, einen Mann Zu finden, auch einige Mitteilungen
über den zukünftigen Weltkrieg sich vorfinden. Der Wert
dieser Prophezeiungen wird durch die unrichtigen Zeit-
bestimmten nicht beeinträchtigt, da ja das%eitliche
Moment im eigentlichen Hellsehakt nicht mitgegeben ist.
Die nachfolgenden, vom Verfasser ins Deutsche über-
tragenen Sätze sind dem Almanach für das Jahr 1905 ent-
nommen und enthalten eine Wiederholung aus einem früheren
Jahresbericht. Sie lauten:
(S. 5). Die allgemeine Aufmerksamkeit wendet sich
auf Rußland. Wenn der Weltfriede 1903 noch nicht gestört
wird, so geschieht es sicher 1904 (man hätte hier statt
der 0 eine 1 zu setzen. D. Verf.) Und zwar ist es
Rußland, welches Europa auf das Schlachtfeld
führen wird. Frankreich wird zögernd nachfolgen
. In den Händen der russischen Offiziere sehe ich
bestimmte Zeichen, die auf einen baldigen Krieg hindeuten
(russisch-japanischer Krieg? D. Verf.} Im äußersten
OrientwirdBlut fließen. Schwerwiegende Ereignisse
spielen sich in Oesterreich und auf dem Balkan ab und
werden die Aufmerksamkeit Europas in Anspruch nehmen.
(Hier könnte die Annektierung von Bosnien und der Herzegowina
und das gespannte Verhältnis Oesterreichs zu Serbien
gemeint sein. D. Verf.)
In demselben Heft (1905, S. 13) heißt es:
„Die Zukunft Belgiens ist äußerst trübe. Dieses
kleine Land macht zwar einen ruhigen und glücklichen
Eindruck . . . aber ich wiederhole meine früheren Worte
**) Die berühmte Handleserin Mme. de Thebes*hieß mit ihrem wirklichen
Namen „Anna Victorine Savary". Sie genoß eine vorzügliche Erziehung
und verstand sich durch ihre außerordentliche Intelligenz und geschickte
Anwendung ihrer hellseherischen Anlage eine angesehene soziale
Position zu verschaffen. Obwohl ihre Fähigkeiten niemals von Gelehrten
systematisch untersucht worden sind, stand sie doch während ihres ^anien
Lebens in Verbindung mit den bedeutendsten Köpfen Frankreichs. Im Besitze
eines beträchtlichen Vermögens starb sie 72 Jah e alt wenige Tage
vor Weihnachten 1915. Jährlich im Dezembei erschien der Almanach der
Mme. de Thebes. Preis 75 ctm. Auf dem roten Titelblatt der Broschüre
befindet sich das Bild eines weißen Elefanten. (Verlag Paris: Librairie
Felix Juven).
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