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Knobloch: Vorschlag zur krit. Prüfung d. medium. Erscheinungen. 505
finden können: die Sieche wird durch einen vorzeitigen Tod
von ihren Leiden erlöst. Aber auch ihr Freund folgt ihr
bald nach. Er hat sich von ihr den Tod geholt, sagt der
Arzt. Noch zuletzt hält er Zwiegespräche mit jenem geheimnisvollen
Wesen, das unsere Gelehrten als Doppelich
bezeichnen, und er hat einen Traum, in welchem ihm das
tote Mädchen auf der Heide entgegenkommt. „Es ist alles
gut,* sagte sie leise und lächelte. Der Brief aber, den er
an jenen andern geschrieben hatte, ist zugleich der Ausgang
des wundervollen Buches: Hüte Deine Seele, meine
Freundin, sie ist das Einzige, was Du besitzest, unerforscht
ist das Leben, anerforschter der Tod. Es gibt kein Ende.
Wieder und wieder werden wir einander begegnen in den
Reichen. Und wie eine Verheißung aus jener andern Welt
klingt es, wenn der Vikar an das tote Mädchen denkt,
aber dabei nicht traurig ist. Der Mensch ist wie ein Bote,
der eine Botschaft zu tragen hat, er weiß nicht, was in der
Botschaft steht, aber er trägt sie ans Ziel und sein Zweck
ist erfüllt. Die Geburt ist nicht der Anfang der menschlichen
Existenz, der Tod nicht ihr Ende. Ein Stück der
unendlichen Bahn, die die Seele zu durchmessen hat. Der
Bahn der Weltkörper vergleichbar ist das irdische Dasein.
Ewig wechselt das Leben die Form und das Gegenwärtige
iet nichtig klein im Verhältnis zum Unvergänglichen. Es
ist, als habe der Dichter jjie Geschichte der Seherin von
Prevorst gelesen oder den Berichten gelauscht, die uns
Hellseher %ber ihre eigenen Gesichte f interlassen haben.
Aber wir wissen ja, daß der wahre Dichter selbst ein Hellseher
ist und aus derselben Quelle schöpft wie jene: dem
Unbewußten in uns, dem Unendlichen. Hans H an ig.
Ein Vorschlag zur kritischen Prüfung der
mediumistischen Erscheinungen.*)
Von Ober-Apotheker J. Knobloch.
Die Frage, ob die sogenannten Geistermanifestationen
und zwar sowohl die Materialisations-Phänomene als auch
die Schreib-, Klopf-, Sprech- etc.-Phänomene spiritistischer
oder animistischer bezw. telepathischer Art sind, ist heiß
umstritten und gilt für den strengen Wissenschaftler als
noch nicht einwandfrei gelöst. Die sorgfältigsten und ein-
wandfreiesten Untersuclungen dürften^ Ion Dr. von
*) Mit Genehmigung des Herrn Verfassers entlehnen wir diesen kritisch
wertvollen Aufsatz der Nr. 37/38 der Feilgenhauer'schen „Zeitschrift für
Seelenleben". — Schriftleitung.
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