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Scheideaberger: Eines Toten Abschied.
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der Möglichkeit ihrer Umwandlung in mechanische Energie,
die dann natürlich analog der Elektrizität auch mechanische
Wirkungen auszuüben vermag. — Einfacher, einen größeren
Tatsachenkomplex deckend und auch weniger wunderbar
ist allerdings die Theorie des Doppelkörpers. — Sei die
Sache jedoch wie immer, an den Tatsachen kann nicht gerüttelt
werden. — Das hat bereits ein so kritischer Kopf
wie Schopenhauer eingesehen, wenn er sagt: „Jedenfalls
ist eine Geistererscheinung zunächst und unmittelbar nichts
weiter als eine Vision im Gehirne des Geistersehers: daß
von außen ein Sterbender solche erregen könne, hat häufige
Erfahrung bezeugt, daß ein Lebender es könne, ist ebenfalls
von guter Hand beglaubigt worden; die Frage ist bloß, ob
auch ein Gestorbener es könne.14
Eines Toten Abschied.
Von L. Scbeidenberger.*) (Graz)
Ich war nicht nur das Lieblingskind meiner Eltern,
sondern auch der gehätschelte Liebling der älteren Ge-
»chwister. So wie der Gärtner ängstlich das letzte Rosen-
knösplein seines Gartens behütet, so hatten alle nur Liebe,
Liebe für das letzte Reis. Beglückendes Bewußtsein! Aber
nur um so empfindsamer war mein Herz gegen die rauhen
und harten Griffe des Schicksals.
Besonders mit einem der älteren Brüder verband mich
ein wahrhaft ideales Verhältnis Wir waren uns geistig am
verwandtesten. Er war mir Vater und Bruder zugleich.
*) Die Einsenderin schreibt uns hierzu (dat. 14. 7. 1918:) „Kürzlich
kam ich in einen Kreis, wo voll Eifer über Spiritismus, Okkultismus und
dgl debattiert wurde, und ich bekam die ,,Psychischen Studien" zur Einsicht
. Ich erwähnte von den seltsamen, geheimnisvollen Fäden, die mich
so fest, so unzerreißbar roit den von mir so geliebten Verstorbenen verbinden
und gedachte des anbei geschilderten, wahrhaften Erlebnisses. Da
wurde ich aufmerksam gemacht, daß Euer Wchlgeborn derartiges sammeln,
weshalb ich mir die Einsendung erlaube. Man ermunterte mich zum Traum -
schreiben, das andere Anliegende ist eine kleine Probe. Es ist seltsam
und merkwürdig, welche prophetische Form das Traumleben bei mir annimmt
. Die wichtigsten und einschneidensten Ereignisse meines Lebens
zeigen sich in Träumen vorher. Droht mir eine Erkrankung, ein Verrat
des Mannes, der mein Schützer hätte sein sollen, so war es immer mein
so geliebtes, verstorbenes Mütterlein, das als Waraerin kam und kommt.
Liegt darin nicht ein beglückender Beweis vom seelicheu Fortleben? L.
Scheidenberger, Schriftstellerin." — Wir entsprechen der Bitte 'um Abdruck,
weil das von reicher dichterischer Phantasie ze»*. - "?e Traumerlebniss der
Einsenderin bedeutendes psychologisches Intereo^ *enn auch keine Gewähr
für ihre Annahme bietet, daß ihren subjektive Traumerlebnissen objektiv
giltige Mitteilungen aus einem Jenseits za G .nde liegen.
Schrif tl.
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