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Tischner: Uebei die Gleichförmigkeit d. psychischen Geschehens. 531
zu weit führen und ist für unsere Frage nebensächlich.
Nur kurz sei erwähnt, daß in den zuletzt erwähnten Versuchen
die Wortassoziation eine Holle spielt; bei den Karten-
versuehen wird das stark in die Augen Fallende bevorzugt, die
linke Karte wohl deshalb, weil wir gewöhnt sind von links nach
rechts zu lesen. In anderen Fällen wird die Gleichförmigkeit
des psychischen Geschehens dadurch zustande kommen,
daß von einer gegebenen Sachlage aus einfach die Logik
der Tatsachen verschiedene Menschen unabhängig von einander
zu denselben Folgerungen treibt. Dadurch erklärt
sich die vielfache Gleichförmigkeit in gewissen geistigen
Bewegungen, bei allen möglichen Kulturerscheinungen und
sozialen Verhältnissen der verschiedensten Zeiten und
Völker (Bastians „ Völkergedanke Ä). Es ist in solchen
Fällen sowohl unberechtigt, darin gleich den Beweis einer
Abhängigkeit des einen Menschen und Volkes vom andern
zu sehen, als au ch eine übersinnliche Gedankenübertragung
anzunehmen. Wenn z. B auf technischem Gebiete ein bestimmter
Punkt erreicht ist und man nun vor einer neuen
Aufgabe steht, so werden eben durch die Logik, die in den
Dingen selbst liegt, verschiedene Menschen an verschiedenen
Orten zu derselben Zeit dieselbe Erfindung machen, und
es ist dann ebenso unberechtigt von Nachahmung wie von
telepathischer Uebertragung zu reden. Jedenfalls darf man
ohne genaue Prüfung weder das eine noch das andere behaupten
. Jedem, der da sofort ohne den Nachweis zu
liefern, von Nachahmung und Plagiat spricht, wird man mit
Recht Leichtfertigkeit des Urteils vorwerfen; dasselbe gilt
aber auch von dem, der ohne den Beweis anzutreten, von telepathischer
Uebertragung redet, es gibt eben noch ein Drittes.
Diese Ausführungen scheinen vielleicht weitab zu liegen
und mit dem Okkultismus recht wenig zu tun zu haben.
Das Folgende wird jedoch zeigen, daß der Okkultismus
mehrfache Beziehungen zu dem Thema hat.
Von einem Kritiker des Okkultismus ist z. B. darauf
aufmerksam gemacht worden, daß bei Gedankenübertragungsversuchen
sehr oft als erstes befohlen wird, den rechten
Arm zu heben. Ein anderer Kritiker sagt einmal, daß die
meisten Laien, wenn irgend etwas übertragen werden soll,
ihren eigenen Namen nehmen. Nun gibt es allerdings
eine ganze Anzahl solch naheliegender Aufgaben, sodaß
schon großes Glück dazu gehört, zufällig das Richtige zu
treffen; immerhin hat dies Bedenken eine gewisse Berechtigung
und sollte immer berücksichtigt werden, indem man
weniger naheliegende Aufgaben stellt; man bietet dann dem
Gegner eine Anggrif£sfiächf weniger.
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