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540 Psychische Studieo. XLV. Jahrg. 12. Heft (Dezember 1918.)
verhielt, so bedauere ich, nicht schon früher jene auffallende
symholische Vorschau veröffentlicht zu haben, die mir Ende
Juli 1917 ruitgeteilt wurde und die nun der Leser leicht
für ein soff, vaticiniuni post eventum erklären kann. Allein
ich bürge mit allem Ernste für die Tatsache, daß mir das
unten m Schildernde bereits Ende Juli 1917 genau so be-
richtet wurde und ich kann mich auch auf den der Re-
daktion der Psych. Stud. sehr gut bekannten Herrn Redakteur
J. in G. berufen, dem der Seher dasselbe in meiner
und einer Dame Gegenwart zu Anfang August 1917 erzählte
. Der Seher ist jener Lehrer A., von dem ich im
Jahrgang 1917 der „Psychischen Studien* S. 351 ff. jene
telepathische Tatsache berichtete. Dieser junge Mann ist
ganz auffallend medial veranlagt, ohne sich aber je zu
mediumistischen Versuchen hergegeben zu haben. Die Er-
scheinungen treten bei ihm spontan ein und zwar schon
seit dem 9. Lebensjahr. Damals hatte er die erste „Erscheinung
", die sich ihm, wie er sagt, so tief einprägte, daß
alle Einzelheiten noch ganz frisch vor ihm stehen. Er erwachte
damals im Bett und sah eine weibliche hell
schimmernde Gestalt, die sich über ihn beugte. Das Gesicht
war in einen ins Bläuliche schimmernden wreißen
Schleier gehüllt. Er schrie und weinte vor Furcht, aber
er^t nach einiger Zeit verschwand die Gestalt, nach der er
übrigens eine unstillbare Sehnsucht lange Zeit mit sich
herumtrug. Aehnliche Dinge wiederholten sich später öfters
bis zu seinem Eintritt in den Ehestand, worauf, wie das ja
auch bei bekannten Medien beobaehteWwurcle, jede mediale
Fähigkeit wie ausgelöscht schien. Aber sofort nach dem
Tode seiner jungen Frau lebte auch diese Fähigkeit wieder
auf. Herr Lehrer A. hatte nun in der Nacht vom 18. auf
den 19. Juli 1917 folgenden Traum. Er stand auf einem
Berge neben seinem Schulhaus. Blutrot war der Himmel
gefärbt, den dunkle Schäfchenwolken bedeckten und Blitze
durchzuckten. Hinter einem Wald in südöstlicher Richtung
war ein großer Brand sichtbar. Da kamen von allen Seiten
her Tiergestalten herangezogen, von Osten ein mächtiger
Koloß wie ein Nilpferd, von Süden eirfe dunkle Gestalt.
Dem Schulhaus gegenüber öffnet sieh eine mit dunklen
Tannen bewachsene Felsenschiucht. Am Himmel erschien
jetzt auch der bayrische Löwe mit seinem Rautenwappen,
der preußische Adler und der österreichische Doppeladler,
alle ineinander verschlungen. Sie stellten sich in der Schlucht
den feindlichen Tieren gegenüber und nun entspann sich
ein heißer Kampf: alles brüllte und tobte, daß die Erde
bebte a Blitze durchzuckten die Luft. Das russische Uii-
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