http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0569
I
Keieh: Gewissen und Religion. 565
abzufluten. Von den vielen Sendboten, die die „Mahatmas*
aus dem Hauptquartier von Adyar aussandten, ist nur
wenigen dauernd eine gastliche Stelle bereitet worden. Das
viele Sanskrit der „Chela" und „Guru*, die die Schleier der
„Maya* zu lüften versuchten, wirkte auf die Dauer ermüdend.
Gut eingeführt ist nur das tiefsinnige nKarmaÄ, aber selbst
neben ihm wird immer häufiger der uralte, schaurig-weihevolle
„Schicksalsgedanke* hervorgeholt, und der „Mahatma"
hat sich längst in den „Führer* und „Meister" verwandelt. Uns
sagen diese alten, mit unseren Seelennöten verwachsenen
Wörter viel mehr; sie sind für uns Deutsche gefühlsbetont
und man ^fühlt sich durch sie an Luther 's „Sendbrief vom
Dolmetschen" erinnert und zwar an jene Stelle, wo er von
dem „hertzlich fein Wort Liebe" spricht, das im Deutschen
ganz anders als die lateinische Entsprechung „durch alle
Sinne dringe und klinge ins Herz hinein". Auch „der
Meister" ist uns ein solch „hertzlich fein Wort" und die
indisch-tibetanische Treibhauspflanze „Mahatma" wird sich
nie mit ihm messen können,
Eine zusammenfassende Betrachtung läßt uns zwei
Gesetzmäßigkeiten erkennen: 1) wenn auf fremdem
Sprachgebiete unter hochgehender Erregung eine Neuentdeckung
der alten Weistümer geschah und damit neue
Namen geprägt wurden, so bemächtigte sich Deutschland
mit der Neuerscheinung zugleich auch des
fremden Namens und darum spiegelt sich im Fremdwort
auch ein Werdegang der Entwicklung wieder.
2) Weitaus erstaunlicher aber ist die andere Tatsache, daß
ein in der Stille und im Dunkel des Geschehens schaffender
Geist, der Sprachgeist des Volkes, selbsttätig die
Fremdwörter immer wieder ausstößt und das Bestreben
betätigt, alle Erfordernisse aus eigenen Sprachmitteln
zu befriedigen.. Ich meine, hierin das Ed. v. Hartman
nasche Unterbewußte am Werke zu sehen. Die
Vernunft streitet für die Sache der Sprachreinigung.
Gewissen und Religion.
Von Dr. med., phil. scient et Iii Eduard Reich, Ttii-
versitäts-Professor der Philosophie.
Die Grundsäulen allen höheren Seins der Seele sind
Gewissen und Religion. Dieselben erscheinen nicht erst
beim Menschen, sondern sind in ihren eigentlichen Anfängen
bereits im ganzen Reiche der Tiere zu finden. Wo Gut
und Böse von einander unterschieden werden, da ist Gewissen
, und wo Liebe waltet, da ist Religion. In ihrer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1918/0569