http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0026
22 P«ychi»che Studien. XLVI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1919.)
IL Abteilnng.
Theoretisches und Kritisches.
Kritische Bemerkungen zur Schrift Dr. Böhm's
von der seelischen Ferwirkung. )
Von Dr. Olerieus.
Sowohl in Nr. 539 der „Augsburger Postzeitung*, wie
im Novemberheft der „Psych, Studien" hat die Schrift
Dr. Böhm's anerkennende Besprechungen gefuaden, die nie
auch verdient hat. Die Strahlungsphysik kann vielleicht
noch manches Rätsel des Okkultismus ganz oder teilweise
lösen und die Versuche des Verfassers mit dem
Medium H. sind wertvoll. Aber gerade vom Standpunkte
der okkulten Forschung aus, die das Hauptgewicht auf
den Nachweis der individuellen Fortdauer legen sollte, muß
ich gegen einige Ausführungen Böhm's meine Bedenken
geltend machen. Er hat sich ja nicht mit voller Deutlichkeit
und Klarheit über seinen Standpunkt zur Frage der
individuellen Fortdauer susgesprochen2), aber wenn er fS. 76)
die Aeußerung von Lipps zitiert: „Diesem Welt-Ich gehört
mein individuelles Bewußtsein wie das der anderen Individuen
an als ein Teil, das Welt-Ich differenziert sich in
solche individuellen Bewußtsein^einheiten" . . . ohne ein
Wort des Widerspruchs zu finden, so darf man doch wohl
schließen, daß der Verfasser ebenfalls auf dem Boden
monistiseh-pantheistischer Weltanschauung steht. Dies wird
um so wahrscheinlicher, weil in der Schrift immer nnr von
psychischer Energie (im Anschluß an die Ostwald'sehe
Energielehre) die Rede ist, aber nie von einem psychischen,
selbständigen, vom Körper wesentlich verschiedenen Träger
dieser Energieformen. Es soll sich (S. 85) das Geistige
daher auch nur „noch verschieden lange Zeit nach dem
Tode erhalten*; allein unter diesem ^Geistigen kann dem
ganzen Zusammenhange nach nicht die transzendentale
Persönlichkeit gemeint sein, da letztere sich zufolge ihres
Wesens für immer erhalten würde, nicht aber nur für eine
gewisse Zeit (S. 86). Diese psychischen Energieformen
*) Böhm, „Das scheinbare Geheimnis geistiger und seelischer frrp-
wirkungen im Leben und nach dem Tode". Leipzig, Osw. Mutze* ».
4..—— M.
2) Wie klar und entschieden tut dies Prof. Dr. Dennert in s. Schrift:
„Gibt es ein Leben nach dem Tode?" (Godesberg, Naturwiss Verlag 1915),
Prof. Dr. Schleich „Aus dem Schaltwerk der Gedanken", Prof. Di. Driesch.
„WirklichkeiUiehre" (Leipzig 1917).
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0026