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Olericus: Kritische Bemerkungen zur Schrift Dr. Böhm'*, 23
sollen nach dem Verfasser materielle Gegenstände, ja auch
gewisse Lokalitäten so beeindrucken können, daß sie auch
nach dem Tode ihres Trägers noch dort haften bleiben
und von da aus in medial empfindenden Menschen wieder
gewissermaßen lebendig werden. So sollen sich die Spuk-
Phänomene erklären. I)ag,g< n ist aber einzuwenden, 'daß,
wenn der Erklärungsversuch Böhni's richtig ist, es viel
häufiger Spukvorgänge geben müßte, weil es kaum einen
Ort gibt, der nicht einmal durch ein aufregendes Ereignis
stärker psychisch beeindruckt worden wäre. Böhm wird
auf diesen Einwand wohl entgegnen, die Spukerscheinungen
seien deshalb nicht so häufigf weil nur gewisse medial Är-
anlagte Personen imstande .sind, von dieser soff, potentiellen
psylischen Energie beeinflußt zu werde/und sie in
Fetische umzuwandeln. Aber ich frage, wie kommt es
dann, daß eine ganze Reihe von Personen, an denen man
weder vor- noch nachher irgend eine mediale Fähigkeit
wahrnahm, gerade an einem ganz bestimmten Ort plötzlich
im Besitz dieser medialen Fähigkeit, dieser Hyperästhesie,
sein sollen? Was bewirkte diese plötzliche Verwandlung
ihrer Natur ? Ferner handelt es sich beim Spuk gar nicht
immer am „rein geistige Vorgänge*, sondern oft um recht
grobmaterielle, die oft einer Reihe von Zeugen und Beobachtern
sich bemerkbar mächen, und endlich erfolgen bei
gewissen echten Spukphänomenen intellektuelle Mitteilungen,
leußerung von LsLmten Wünschen,, die man nu/als
von einer gegenwärtigen Intelligenz, nicht aber als von
psychisch unpersönlichen, latent gewesenen Kräften aus-
gehend betrachten kanu. Darum ist aber auch von diesem
monistisch-pantheistischen Standpunkt aus der Begründungsversuch
einer Moral, wie er S. 86 zu geben versucht
wird, durchaus ungenügend. Der Verfasser meint in unbegreiflichem
Optimismus, es ergebe sich vom wissenschaftlichen
Standpunkt aus die moralische Pflicht eines guten
Lebenswandels und edler Denkweise, weil beim Gegenteil
die schlechten potentiellen psychischen Energien sich in
ihrer Umgebung als psychische Beeindruckung so anhäufen,
daß von Zeit zu Zeit furchtbare Völker- und Erdkatastrophen
sich entladen. Glaubt wirklich jemand, es werde
auch nur ein Mensch eine Entsagung sich auferlegen, seine
Triebe unterdrücken, ein Opfer bringen aus der Erwägung
heraus, es könne sonst irgendwann einmal nach seinem
Tode der psychische Niederschlag seiner Gedanken oder
Handlungen wie ein ansteckender Bazillus wirken? Wahrlich
dies wäre eine höchst naive Meinung! Zur Erklärung
der Weltkriege und Volkerkatastrophen genügen voll-
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