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44 Psychische Studien. XLTI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1919.)
wurde aber nicht vollzogen, weil sie uns selbst lächerlich,
vorkam.) Die Zeit, wo derartige Gedanken gedacht und
unbewußt übertragen wurden, war immer die gleiche, obwohl
nie festgestellt werden konnte, wer der Sender und
wer der Empfänger war, weil wir beide immer glaubten,
es seien unsere eigene Gedanken. Info ige dieser Ueber-
tragungen in meiner Jugend interessierte ich mich dann
für die sogenannten Geheimwiseensehaften, und durch viele
Experimente habe ich mir in diesen Dingen ein eigenes
Urteil gebildet.
Wer heute noch Telepathie leugnet, beweist, daß er
sich nie mit derselben ernstlich befaßt hat. Schon im gewöhnlichen
Leben haben wir sehr viele Beweise für die
Telepathie, aber erst recht in dem passiven medialen Stadium
der Hypnose. In diesem Zustand kann man auf jeden
gesunden jungen Menschen einwirken durch mentale (geistige)
Suggestion. Natürlich muß der Suggestor seine Gedanken
konzentrieren können und darf sich nicht ablenken lassen.
Ebenfalls ist es bekannt, das zwischen Hypnotiseur und
Hypnotisierten, wenn dieselben öfters zusammen experimentiert
haben, eine geistige Verbindung besteht.
Einmal hatte ich eine Person, die ich nur in Wachhypnose
beeinflussen, aber trotz aller Versuche nicht in
Schlaf versetzen konnte, weil sie ihren Willen dem entgegensetzte
. Eines Tages versuchte ich nun ohne ihr
Wiesen sie zu hypnotisieren, indem ich mich neben sie auf
ein Sofa setzte und ihr durch Mentalsuggestion befahl zu
schlafen. Nach ungefähr einer halben Stunde schlief diese
Person ein und war es nun zunächst äußerst schwer, den
Rapport durch Verbalsuggestion herzustellen. Als dieses
schließlich gelang, gab ich ihr den posthypnotischen Befehl,
bei den nächsten Versuchen fEinschläferung durch Faszination
) sofort fest einzuschlafen, was dann auch geschah.
Zwischen dieser Person und mir entstand dann mit
der Zeit auch eine geistige Verbindung, die durch fortgesetztes
Experimentieren dann immer stärker wurde.
Ein Beispiel: Eines Abend* gab ich den „geistigen
Befehl*, zu mir in meine Wohnung zu kommen, wußte aber
nicht daß sie verreist war.*} Dtx sie meinem Befehle, wie es
schien ni^ht nachkam, gal- ich nach einer Stunde den Versuch
auf, indem ich annahm, daß sie durch äußere Reize
(vielleicht eine interessante Unterhaltung) abgelenkt werde
und dadurch meine geistigen Befehle in den Hintergrund
gedrängt und folglich nicht empfunden wurden. Abends
*) Der Ort war Vegesack, (ungefähr 40 Minuten Bahnfahrt bi« Bit n<n
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