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70 Psychische Studien. XL VI. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1919.)
Komplizierter, aber noch interessanter sind die Experimente
, in welchen der Transfert durch Verbalsuggestion
erzeugt wird. Wenn ein Subjekt in somnambulen Schlaf
versetzt wird, so ist seine Intelligenz in einem Zustand,
welcher genügt, um den Worten des Experimentators zu
antworten. Die Macht des Letzteren über das Subjekt ist
sehr groß. Er kann mit dem Wort allein zahlreiche automatische
Phänomene hervorrufen; er läßt das Subjekt gehen,
handeln, denken und fühlen, wie es ihm beliebt. Nun ist
es sehr merkwürdig, daß alle diese Phänomene dem Transfert
unterliegen, wenn sie eine einseitige Form anrehmen.
Unter den suggerierten Phänomenen sind die einen Bewegungserscheinungen
, die anderen sensitiv-sensoriell. Die
ersteren sind natürlich leichter zu studieren, Sie können
stattfinden während des Schlafes, oder auch nach dem Erwachen
, wenn die Suggestion anhält. Ein Beispiel:
Witt .... liegt im lomnambulen Zustand in einem
Lehnstuhl. Man suggeriert ihr mit dem linken Zeigefinger
den Arm des LehnstShls zu kratzen; der Magnet liegt in
einiger Entfernung von der rechten Hand -§ dann ?wird
das Subjekt geweckt. Die Bewegung in der linken Hand
hält an, aber so leicht, daß die Somnambule nichts davon
bemerkt. Nach dreißig Sekunden kratzen beide Zeige-
länger leicht; die Bewegung verlegt sich mehr nach der rechten
Hefte, während sie links Ibnimmt. Der Transfert ist nach
einer Minute vollständig. Man läßt das Experiment ungefähr
,ehn Minuten wäfren; die Bewegungen Uts fangen
an sich auf die ganze Hand auszudehnen . . . Interessant
Bind die Phänomene, wenn sie nicht nur in einer Bewegung
bestehen, sondern auch Gedanken, Vernunftschlüsse und
Willen zum Ausdruck kommen. Ein Beispiel:
Witt. . . ist im somnambulen Zustand; man stellt auf
einen Tisch in der Nähe die Büste GalPs und suggeriert
der Somnambulen, mit der linken Hand der Büste lange
Nasen zu machen. Ein Magnet litgt in der Nähe der rechten
Hand, man weckt nun Witt...; sobald sie die Büste bemerkt,
schneidet sie eine Grimasse und macht mit der linken Hand
eine lange Nase; nach drei oder vier Sekunden fängt sie
von neuem an und man zählt vierzehn Nasen, alle mit der
linken Hand ausgeführt. Die letzten Bewegungen sind jedoch
schwächer, die Geste ist schlecht ausgeführt; die
Somnambule bringt die Hand nur in die Höhe des Mundes,
ohne die Finger zu öffnen. Inzwischen fängt die rechte
Hand an, leicht zu zittern. Die linke Hand wird ruhig.
Witt .... scheint unruhig; sie wendet den Kopf von der
einen Seite auf die andere; sie sagt mit einem Blick auf
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