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76 Psychische Studien. XLVI. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1919.)
die Somnambule die Zigarette wieder an imd beginnt wieder
mit der rechten Hand zu rauchen; sie sagt; ,es kommt ein
Moment, wo ich nicht mehr rauchen kann*; sie versucht
dann, wie vorher, die Zigarette mit der linken Hand zu
nehmen, es mißlingt; sie versucht es nochmals und es glückt.
Währenddem sagt sie: «ich möchte rauchen; ich mag nicht:
jetzt zwinge ich mich dazu.* Abermals Transfert von links
nach rechts. Sie sagt ferner: man könnte sagen, ich kann
nicht, ich habe nie rauchen gekonnt; ich muß Sie ansehen
(sie spricht zu einem Assistenten, der raucht), sonst erinnere
ich mich nicht mehr daran,* Dann wirft sie die Zigarette
zum zweiten Male fort.
Wenn man, sagen Binet und F6r6, dieses Experiment
sorgfältig analysiert, bemerkt man, daß ganz zuerst eine
gehr offenbare Sache stattgefunden hat; der Transfert des
Bauchaktes. Die Somnamule bedient sich bald der rechten
bald der linken Hand. Aber neben diesem Transfert zeigt
sich das Phänomen der Polarisation, das weniger offen in
die Erscheinung tritt, aber darum nicht weniger unbestreitbar
ist. Von Zeit »u Zeit hält sie inne und'sagt, daß sie
nicht rauchen kann; sie muß sogar den Assistenten ansehen
, der raucht, um wieder zu wissen, wie sie sich anstellen
muß. Dies ist der Beweis, daß der Rauchakt für
sehr kurze Zeit ersetzt ist durch eine korrespondierende
Paralyse; es ist der Beweis, daß Polarisation und Transfert
sich kombinieren.
Es existiert auch eine sensorielle Polarisation. Folgendes
Beispiel beweist die Polarisation einer Halluzination: Cail.
ist im wachen Zustand; man zeigt ihr einen chinesischen
Gong und den Schlegel hierzu. Die Somnambule hat Furcht.
Man macht einen Schlag auf den Gong und die Somnambule
fällt sofort in Katalepsie. Nun weckt man sie und
bittet sie, aufmerksam den Gong zu betrachten; währenddem
hält man an ihren Kopf (links) einen kleinen Magnet.
Nach einer Minute behauptet Cail . . . daß sie das Instrument
nicht mehr sehe und daß es vollkommen ihren
Augen entschwunden sei. Nun schlägt mkn wiederholt den
Gong, und trotz des lauten Schalles fällt die Somnambule
nicht in Katalepsie; sie blickt jetzt nur etwas erstaunt von
einer Seite zur andern, wie wenn sie eine Vibration fühlen
würde.
Der Versuch mit Witt . . . wiederholt, hat dasselbe
Ergebnis. Der Magnet bewirkt eine Paralyse; er unterdrückt
nicht nur das Sehen des Gongs sondern ersetzt dasselbe
durch eine Anaesthesie, welche sich auf diesen Gegen-
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