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Oerter: Das Geheimnis des Spakhtuses in Oels. 81
der Stadt. Wie Timen dieser Irrtum unterlaufen konnte,
ist mir nicht recht klar, doch haben Sie offenbar das
Schlachthofgebäude, das schräg gegenüber der Fenske'schen
Wohnung liegt, für das Seminar gehalten; in dem Sehlacht-
hof aber hat es unstreitig niemals gespukt. Daraus aber
kann man sehen, was so manche Folgerung wert ist, wenn
die Voraussetzung wie hier auf einem so groben Irrtum
beruht. Auch hätten Sie bei Ihren Andeutungen auf S. 12
und 14 aus Gründen der Gerechtigkeit besonders hervorheben
müssen, daß zu der Zeit, wo der Spuk im Seminar
ganz Oels in Aufregung versetzte, Fenske noch gar nicht
in Oels wohnte, sondern mit Frau und Kind noch in Oberschlesien
seinen \^ ohnsitz hatte.
Auf diesen Spuk im Seminar, der ebensowenig seine
Aufklärung gefunden hat wie der Spuk in der Fenske'sehen
Wohnung, will ich hier nicht näher eingehen, da er auch
in dem Bohn'schen Buche nur nebenher erwähnt wird. Bemerken
nur will ich, daß damals hunderte Zeugen in Oels,
darunter auch Aerzte, sich von dem tatsächlichen Vorhandensein
der Spukvorgänge überzeugt haben. Ganz besonder«
ist einwandfrei unter den Augen und Ohren dieser Zeugen
festgestellt worden, daß es an den Türen des Seminars gepocht
, gehämmert und getrommelt hat, obwohl trotz sorgfältigster
Beobachtung kein Mensch zu sehen war, der als
Täter in Frage kam. Obwohl beide Türseiten zugleich aufs
schärfste bewacht wurden, dröhnte und donnerte es weiter
an die Türen, ohne daß man eine natürliche Erklärung für
das Toben dieser unsichtbaren Gewalten finden konnte.
Das sind Tatsachen, an denen man nicht vorbeikommt, und
für die der grübelnde Menschenverstand vergeblich eine
Erklärung sucht. Die Vernunft sagt uns, wo ein Geräusch
ist, da muß auch eine Entstehungsursache dafür sein. Wo
aber sind hier die Urheber, wo sind die Ursachen aller
dieser spukhaften Geräusche? Im Seminar sind sie nicht
gefunden worden und sie sind auch ganz gewiß nicht im
Keller des Fenske'schen Hauses zu suchen gewesen. »Es
geht alles gesetzmäßig zu," sagt der Richter in dem Prozeß
Fenske wider Brettschneider, doch wie sagt Herr Rechtsanwalt
Bohn auf S. 22 seines Buches? Er schreibt wörtlich
: tAuch der Spuk hat seine Gesetze". Ja, sagen Sie,
Herr Rechtsanwalt: Wenn nach Ihrer Ansicht auch der
Spuk seine Gesetze hat, dann muß es doch vorerst mal
Spuk geben! Aus diesen Ihren eigenen Worten muß man
doch mit zwingender Notwendigkeit folgern, daß Sie selbst
an Spuk glauben. Oder wie sind Ihre Worte sonst zu ver-
stehen? Bis zu jenem Tage, wo die Fenike'schen Eheleute
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