Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
46. Jahrgang.1919
Seite: 114
(PDF, 171 MB)
Bibliographische Information
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1U Psychische Studien. XLVL Jahrg. 3. Heft. (März 1919.)

Betens. Wo aber die lebendige, anthropoinorphisierte Persönlichkeit
Gottes verblaßt — wie im philosophischen Gebetsideal
oder in der pantheistisehen Mystik — löst sich das
echte Gebet auf und geht in die rein kontemplative Versenkung
und Anbetung über.

Der Verkehr mit der Gottheit, das Frömmigkeitsleben
kann zu einer lebendigen Gebetsgemeinschaft werden bei
den großen religiösen Persönlichkeiten. „ Mohammed durchwachte
in seiner ersten Periode, der Zeit seines prophetischen
Enthusiasmus mit seinen Anhängern viele Nächte
im Gebet; Jesus brachte ganze Nächte im Gebet zu; Franz
von Assisi ist hierin seinem Meister gefolgt; Caterina von
Siena betete die Nacht hindurch, bis die Klosterglocke zur
Mette rief. Luther betete mindestens täglich 3, Ignatius
von Loyola täglich 7 Stunden; die heilige Theresa kam gar
nicht mehr aus dem Gebet heraus* dem Karmeliterbruder
Laurent de la Rdsurrection war die Anbetung zur zweiten
Naturgeworden/

Von Rosa von Lima erzählt Görres:*) „Man sah sie
oft, wie sie in einer gefüllten Kirche in einem Winkel niedergekniet
stundenlang unbeweglich kauerte, die Augen auf
den Altar gerichtet, keinen an ihr Vorübergehenden gewahrend
t kein auch noch so plötzliches Geräusch vernehmend
; ja wenn etwas unmittelbar gegen ihr Auge sich bewegte
, blieb dieses ungerührt und schloß nicht die Augenlider,
dem Adler gleich, innerlich in die Sonne blickend, nach
außen erblindet. Sie schien dabei unbeweglich, wie ein
Fels; denn in welcher Lage sie sich anfangs ins Gebet begeben
, fand man sie nach Stunden, nach ganzen Tagen
wieder.

So blieb sie in der Kirche, wohin sie sich zum 40-
stündigen Gebet begeben, wie versteinert vom Morgen bis
zum Abend ohne Bewegung, noch ohne etwas zu sich zu
nehmen. 'Autohypnotische Katalepsie auf hysterischer Basis.
D. Ref.) Ähnlich Joseph von Oopertino, Oranna von Mantua
und Luise von Lateau u. a.

Dieser fortwährende Gebetskontakt wird nicht nur zum
spontanen, notwendigen Ausdruck der Affekte, sondern mit
Absichtlichkeit gepflegt und geübt, indem die konzentrierte
Betrachtung gefühlsbetonter religiöser Vorstellungen die
Gebetsstimmung künstlich hervorruft. So enthalten die
Gebetsanweisungen der meisten Mystiker das psychologische
Rezept eines Gebetstraining.

*) Görres* Christliche Mystik I, S. 473.


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