Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
46. Jahrgang.1919
Seite: 115
(PDF, 171 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0119
öcbrenck-Notzing: Zur Psychologie des Gebets usw. 115

Alle großen Beter, Mystiker und Propheten Buchen zum
Gebete die Einsamkeit auf; auch die buddhistischen Mönche
eilen in die Waldeinsamkeit oder Wildnis, um sich dort in
der stufenweisen Versenkung zu üben. Die Einsamkeit des
Gebets und der Versenkung i*t die Stätte der großen Offenbarungswahrheiten
, der Ekstasen» Visionen und Verzückungen
; sie ist der Geburtsort der Weltreligionen. In der
Bergeinsamkeit des Sinai empfing Mose die Jahveoffen-
barung; in der Wüste raug Jesus mit dem Satan, in der
Wüste wurde Paulus zum VöJkerapostel; auf einem einsamen
Berg bei Mekka fand die Berufung Mohammeds zum
Propheten statt; in der Einsamkeit des Alvernerffebirges
wurL der heilige Franz von Assisi eins mit «fem fe-
kreuzigten Heiland und empfing seine Wundmale; in der
Einsamkeit am Flüßchen Neraujara schaute Buddha die vier
heiligen Wahrheiten.

Der pantheistisehen Unendiiehkeitsmystik der Upani-
shad^n und der Vedanta, der mystischen Psyehotechnik
des Yoga und dem buddhistischen Heilbestreben ist das
„echte" Gebet fremd, obwohl sie sich mit der oratio mentalis
mancher Mystiker eng berühren. Gegenüber der Kühle
und Monotonie der reinen Mystik zeigt die christliche
Gottesmystik aller Jahrhunderte persönliche Wärme und
Innigkeit, enthusiastische Kraft und Hingabe. Der in die
Verborgenheit des eigenen Ich geflohene Mystiker sucht
durch Hemmung und Verdrängung der natürlichen emotionellen
und intellektuellen Abläufe eine Entleerung und
Vereinheitlichung des seelischen Lebens herbeizuführen.
Die natürlichen Wahrnehmungen, Regungen, Stimmungen,
vor allem aber die Affekte und das triebhafte Streben, aber
auch die vom emotionellen Leben sich nährenden Phantasievorstellungen
und die auf konkrete äußere Gegenstände
gerichteten Wertungen und Wollungen werden mit bewußter
Absichtlichkeit unterdrückt, zur Ruhe gebracht,
mortifiziert; die Sinne erblinden (Mechtiide von Magdeburg);
die geiati^e Energie wird nach innen konzentriert.

Meister Eckart nennt diesen negativen Prozeß tEntWerden
* ; die indischen uud abendländischen Mystiker bezeichnen
ihn als „ Vernichtung* (nirodha, annihilatio). Dieser
Prozeß führt zu veränderten Bewußtseinszuständen, welche
Heiler als „überwache0 und „unterwache* bezeichnet, zur
„völligen Ruhe", zur wunschlosen Resignation*, zum traumlosen
Tief schlaf oder zu einer inneren Erhebung »Beseligung
*, zu einem sonnigen Genießen der geistigen Einheit
und Fre heit.

Bei dem persönlichen Erlebnis der mehr theistkchen

&*


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0119