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142 Psychische Studien. XLIV. Jahrg. 3. Heft. (März 1919.)
Heilers für die Religionswissenschaft fundamentalen,
tiefgründigen, übrigens auch psychologisch und historisch
äußerst wertvollen und in glänzendem Stil abgefaßten Darlegungen
, wt (ehe auf einer erstaunlichen Liüeraturkenntnis
aufgebaut sind, linden in dem an^e^ei^hnelen Werke des
Philosophen Koi -tantin Oesterreich „Einführung in die
lleligion-p yohologii**'*) eine dankenswerte Ergänzung.
DIcm r Auti.i behandelt das Wesen der R«>?:giouap8y-
chologie im a!k,< meinen, eröiteit dl* EufAvirkhinc^stufen
der lieligi-mbät und beschäftigt neb besondere eingehend
mit den für das psychologische Studium w*eU!g« ?i Formen
der Offenbarung. Oesterreich hebt als besondere ^ ••hwierig-
keit des religloii^psyeholo^Ischen Gebietes* b* v»»r„ daß bestimmte
höhere Stufen der K^K i»*<J»öt. wL* tu: a?;t»h von
Heiler aiihchaniich geschildert werden, hieb d**m whklichen
Nacherleben durch uns entziehen, weil sie jenseiU der
Grenze des normalen Seelenlebens gelegen ^nd. Denn
nacherleben können wir nur, was u?«s verwandt» ist. So
entziehen sieh wirkliche Ekstasen, wie sie ven Ploün und
den ndütlakerliehen Mystikern beschrieben weiden, dem
Nacherleben. Während die unteren Stufen der Erlebnisse
der Mystiker uns in der Phantasie noch unmU retbar zu-
gänglich sind, können wir die höheren nftr mir «lern Verstände
begreifen, indem wir un« auf Grund untres norma-
en seelischen Materials begriffliche Konstruktionen von
Ihnen herstellen.
Religiosität setzt das Vorhandenen einer übermenschlichen
, göttlichen Wesenheit voran* und begeht in den
Lebensbeziehungen zu ihr; auch beim Pauth« i-mus, welcher
ebenfalls Beziehungen zum Überweltü' hen en* hält Sobald
das religiöse Leben größere Intensität erlangt, trat — wenigstens
nach der Aulfassung der GUiub*gen und nach den
übereinstimmenden Berichten au> allen roli n 7y »iabern —
eine Erweiterung der Erfahiung ein und z^ai oup h Wahrnehmungen
aus der jenseitigen, t rankendem en Sphäre; für
den hellseherischen dick nach innen öffnet .-:*:h die sonst
vorhandene scharfe Scheidewand zwischen I>"<\v*.<as und
Jenseits. So kommen die allen Ri li^ioneu zu Grund« liegenden
Offenbarungen zustande, web h*» als Ei fahr »wren und
Inspirationen aus der transzendenten Sphäre von den Gläubigen
aufgefaßt werden.
Nach Heiler**) liegt aber darin eine gewisse Tragik,
♦) Traugott Konstantin Oesterreich« Prof. der Philosophie in Tübingen:
Einführung in die Religionspsychologie, Berlin 1917, Mittler & Hohn, 156 Seiten.
**) Heiler, Die buddhistische Versenkung. Mönchen 1918, S. 32.
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