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132 Psychische Stadien. XLVL Jahrg. 3. Heft. (März 1919.)
Die Wirkung des Magneten auf den menschlichen
Körper.
Von J. Peter Generalmajor a. D. (München).
(Schluß von Seite 77)
Die Verfolgung dieser Studien hat immer grössere
Überraschungen bereitet. * So wurde gefunden, dass die Anwendung
des Magneten unter den geschilderten Umständen
nicht nur die Halluzination einer Farbe erzeugt, sondern
sogar die Halluzination der Komplementärfarbe nach
sich zieht. Uber ein interessantes Beispiel bezüglich der
Farbenerscheinungen berichten ßinet und Fdr£ wie folgt:
Man weiß, daß, wenn man aufmerksam ein rotes Kreuz
betrachtet und dann den Blick auf weißen Grund lenkt,
sich ein grünes Kreuz bildet; die erste Farbe ist in diesem
Bilde durch die Komplementärfarbe ersetzt, aber die Form
ist geblieben (das Kreuz). Dasselbe ist der Fall, wenn man
die Halluzination eines roten Kreuzes hervorruft. Aber
die Dinge ändern sich, sobald man den Magnet anwendet.
Wenn man der Somnambulen im Zustande des Wachens
einflößt, daß das Kreuz, welches man auf ein weißes Papier
zeichnet, rot koloriert ist und sie nun einladet, mit Aufmerksamkeit
dieses Kreuz zu betrachten, während man
einen Magnet ohne ihr Wissen hinter ihren Kopf hält, dann
sieht die Somnambule zuerst grüne Strahlen zwischen den
Armen des Kreuzes erscheinen; diese Strahlen verlängern
sich allmählich, das Kreuz wird rosenfarbig. Darauf erscheint
das Kreuz grün und schließlich verschwindet die
Farbe vollständig. Die Person sieht ein leeres Kreuz, ein
Loch in Form eines Kreuzes, umgeben von grünen Strahlen
, welche bestehen bleiben. Hält man ein rotes Kreuz
vor das leere, so bemerkt es die Somnambule nicht.
Zum Schlüsse sei noch die erstaunliche Wirkung des
Magneten hinsichtlich der Gemütsbewegungen erwähnt. Die
Studie der genannten Forscher führt uns hier tief in das
Gebiet des Somnambulismus hinein.
Gewisse Kranke zeigen während des somnambulen Zu-
standes eine Art Zuneigung (attraction) für den Beobachter
, der sie ein^escl 1äfert hat und eine nackte Stelle ihres
Körpers, z. B. die Hände berührt. Die Somnambule folgt
ihm, wenn er geht, und zeigt offenbar Vergnügen, wenn sie
sich an seiner Seite hält. Wenn nun in diesem Moment
eine andere Person die Somnambule berührt, Rücken oder
Schultern, oder sich nur nähert, so entfernt sich die Somnambule
klagend, als ob ihr die Berührung Schmerz bereite.
Indes, der neue Experimentator kann seine Lage verbessern,
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