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Feter: Die Wirkung des Magneten auf den menschlichen Körper 135
Die genannten Forscher führen zum Schluß noch folgende
interessante Beispiele an, welche hier ebenfalls in
kurzem Auszuge gegeben seien: Eines Tages zeigte man
einer Somnambulen einen Kautschukschlauch und sagte, es
sei eine Schlange. Die Somnambule sprang auf und floh
in das entgegengesetzte Eck des Laboratoriums, laute
Schreie ausstoßend. Ohne ein Wort zu sagen, folgen ihr
die Experimentatoren und halten einen kleinen Magnet an
ihren Kopf. Nach einigen Sekunden beruhigt sich die Somnambule
, sie geht auf die Kautsehuksehlange zu, lächelt,
entschließt sich sogar, dieselbe anzugreifen, wenn auch mit
einer gewissen Abneigung. Während sie mit Interesse das
imaginäre Tier ansieht, bläst der Experimentator ihr auf
die Augen. Sie erwacht plötzlich und bemerkt, daß sie eine
Schlange in den Händen hält; ihr Schrecken und ihr Zorn
sind unbeschreiblich; wütend verläßt sie das Laboratorium
und erklärt, keinen Fuß mehr über die Schwelle zu setzen.
Einer der Experimentatoren eüt ihr nach und folgt ihr,
ohne etwas zu sagen, in den Krankensaal, ihr immer einen
kleinen Magnet an den Kopf haltend. Die Kranke wiederholt,
daß sie nicht in das Laboratorium zurückkehrt. Aber allmählich
beruhigt sie sich und geht spontan in den Raum
zurück. Man zfigt ihr die Schlage Ind sagt, sie solle sie
berühren; nach einigem Zögern streichelt sie den Kopf
der Schlange.
Interessant ist in diesem Falle der Kontrast des Wachzustandes
und des somnambulen. Während des letzteren
gelingt es leicht, das Gefühl des Schreckens zu polarisieren,
allein diese Polarisation verschwindet im Wachzustande und
es ist eine neue Anwendung des Magneten notwendig, um sie
wieder erwachen zu lassen. Es muß deshalb beigefügt
werden, daß der Magnet nicht unterschiedslos alle Gemütsbewegungen
desselben Subjektes polarisiert. Die Wirkung
des Magneten ist ein der Natur und dem Grade nach konstantes
Phänomen, während die Gemütsbewegungen der
Kranken in der Stärke sehr verschieden sind. Im allgemeinen
sind die durch hypnotische Suggestion eingepflanzten
Emotionen oberflächlichen Charakters, während die
spontanen Gemütsbewegungen von Gedankenassoziationen
getragen werden, welche schwer zu modifizieren sind. So
kommt es, daß man C____mit dem Magnet nicht zwingen
kann, eine Person zu lieben, welche sie seit Jahren verabscheut
, während bei W.... der Haß gegen dieselbe Person
, der weniger alt und weniger heftig ist, vielleicht sehr
leicht polarisiert werden kann.
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