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174 Psychische Studien. XLVI. Jahrg. 3. Heft. (März 1919.)
Die Pest Homöopathische Behandlung und Vorbeugung Von E
28 S. — M. 1.10.
Durch Studium auf die Beurteilung und Behandlung der Pe^t
vorzubereiten erscheint verdienstlieh;zur Zeit, wo Fälle von Lungenpest
unter dem Bilde schwerer Influenza, bezw. der sog. spanischen Grippe
(Bronchialkatarrhe und Lungenentzündungen mit blutigem Auswurf,
großer Schwäche und hoher Pulszahl) zu "verlaufen scheinen. "Übei
den Verlanf der Pest berichtet schon das graue Altertum. Die von
Thueydides beschriebene Seuche in Athen soll übrigens Milzbrand
gewesen »ein: eine neuere Schilderung gibt uns Manzoni in seinem
berühmten Romane „Die Verlobten- über deren Erscheinungen und
soziale Wirkungen in Italien, besonders Mailand. Echte Pest in dei
Beulenform hat namentlich Parazelsus vielfach gesehen. Von einer
Behandlung der Pes»t i«*t heutzutage nur im Zusammenhang mit dem
erregenden Kleinpilz die Rede, der durch Ratten, Flöhe, Fliegen
auf den Menschen übertragen wird. Die*»e zweifellos richtigen Beobachtungen
führen jedoch irre, wenn sie den Erreger der Pest
schlechthin als deren Ur&ache deuten während er in Wahrheit nur
als eine unerläßliche Bedingung echter Pestfälle anzusehen ist
und ein Kreis konkurrierender Bedingungen im Menschen dem Pestbazillus
entgegenkommen mut\ wenn der Ausbruch erfolgen soll.
Gegen die oberflächliche bakteriologische Auffassung spricht mhou
die Tatsache, daß Heilungen auf dem bloßen $aturweg durch die
Eigenkräfte des Organismus zu stände kommen, welche richtig zu
leiten Sache der ärztlichen Kunst ist. Verf. gibt nun einen Überblick
hierüber von der Warte des praktischen Homöopathen, der
alles Wissenswerte einbezieht und anordnet. Vor allem erhebt ndb
die Frage, worin bestehen unsere inneren Schutzordnungen gegen
die Amalie von Infektion, wie dies Pettenkofer s. Z. von der
Cholera ausgesprochen hat. Die Heilkraft des Lichts, der Freiluft
und des Wassers (bezw. der Reinlichkeit) stehen auOer Zweifel
wenn auch vor zu viel Waschen und Baden gewarnt werden muß,
weil dadurch (z. B. beim Fleckfieber) Schutzstoffe und Aroma der
Haut beseitigt werden können. Verf. berichtet eingehend über einen
lehrreichen Vortrag eines Dr. Majumdar aus Calcutta auf dem von
ihm besuchten 8. (und letzten) WeltkongreO für Homöopathie in
London 1911, sowie über die Methode eines anderen indischen Kollegen
, Dr. Ray und einen Aufsatz von Dr. Aksay Kuma Datta. Ej
selbst hat schon 1896 aus frisch mit Weingeist verschütteltem Nordseewasser
eine kräftige Arznei hergestellt und schlägt gegen Pest
gefahr ein aus den Ausscheidungen, zumal dem Speichel der Schwerkranken
herzustellendes Isopathicum vor. Sein die aufgeschlossene«
Heilkräfte des Seewassers und der Korallen enthaltendes Vorbeugemittel
ist für sachverständige Hersteller homöopathischer Präparate
vollkommen freigegeben. — Verf., der seit 40 Jahren sein Leben
für eine nicht vornehm akademisch tuende, sondern fürs Volk
fruchtbare Bearbeitung medizinischer Probleme eingesetzt hat,
schließt mit einem kräftigen Aufruf an seine deutschen Berufsgenossen
, den ärztlichen Unterricht so zu gestalten, daß er nicht meht
das Gepräge einer schlauen Interessenpolitik trägt. Vor dem Krieg
stand ja die deutsche Wissenschaft auf der Sonnenhöhe ihres Ruhms,
aber auch eitler Selbstgefälligkeit und stolzer Ablehnung gegen
jedes Werben für Hahnemann, während bei Angloamerikanern,
Franzosen, Belgiern, Italienern und Spaniern die Homöopathie weit
mehr in Ehren stand. Der deutsche Zug in der Geistesarbeitfsoll
aber Verinnerlichung, Brüderlichkeit und Erhebung der Erkenntnis
Schlegel, Arzt in Tübingen.
ins Gebiet der Menschenliebe sein.
Dr. —r
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