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220 Psychische Studien. XLVI. Jahrg. 4.-5. Heft. (April-Mai 1919.)
empfanden und verehrten, haben sie bisher doch wieder
aus Götzenwahn bezweifelt und begeifert. Aber in Elisarions
Werk wird es zum beseligendsten Aufschwung, das jubelnde
Bekenntnis zu Gott. Der heilige Eros waltet über seinen
Schöpfungen, das gottgeweilite Lipbesge wissen, dem alles
Pikante, Zweideutige und Schielende wesensfern ist. Hier
ist die schönheitfreudigste Kunst nicht eine Auflehnung
gegen Gott, sondern Gottesdienst.
Einige Worte über die Kunst Elisarions.
Trotz aller Formenfreude und dem klaren Linienfluß
der Gestalten scheint ihnen die Schwere der Materie zu
fehlen, so durchlichtet ist auch der Schatten und so gehaucht
die Technik: fast sind es Astrallrörper, und doch, als ob
rosige Wärme und goldiges Licht die Gebilde erfüllte,
Keine Farben- und Schönheitfreude in harmonischem Gefüge
lebt in diesen Bildern ursprünglicher Sehnsucht des From-
men - sie predigen die Versuchung znm ewigen Leben.
Ihnen selbst wohnt ein seelisches Etwas inne, sie sind nicht
bloß Leinwand und Farbe.*) Ich erwähne nur ein Bild:
„Der Aufstieg*. Auf blutbrauner Felsenkuppe steht der
hüllenlose Menschenjüngling; die ausgebreiteten Arme, die
mit den goldigen Äpfeln des Lebens spielen möchten, sind
mit einer dornigen Rosenranke gefesselt. Tief rechts dunkelblaue
Berge, letztes Abendrot. Yiolettgraues Gewölk steigt
wie Opferrauch links aus der Schlucht des Todes, und wo
es hinwegziehl, enthüllt sich eine andere, jenseitig heitere
Inselwelt; die verklärte Seele schwebt wie ein Spiegelbild
des Menschenjünglings hinüber durch das Tor des Regenbogens
. Oben, wo das Gewölk sich teilt, erscheint vor
goldner Halbscheibe das Haupt der Gottheit in herber Anmut
. Diese Goldscheibe schwebt in der Weltennacht, von
zwei Sternen flankiert.
Es sei mir gestattet, mit einigen entsprechenden Worten
Elisarions aus seinen italienischen Gedichten zu schließen.
O Genio della Morte, non ti *temo,
Tu mi prometti il dono piü supremo$
E cosa amammo, noi non perdcremo.
Leib und Seele.
Von Dr. med. Tischner, München.
(Schluß von Seite 161.)
Im Anschluß an Driesch soll noch eine andere Gedankenkette
*
verfolgt werden, die den Parallelismus grundsätzlich auszuschließen
.........■ — — *
*) Yergl. hierzu, was ich über die »Pragmone« gesagt habe (Zakiaft
der Natur 390f., 473f., 603 f.)
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