http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0258
234 Psychische Studien. XL VI Jahrg. 4.-5. fleft. (April-Mai 1919.)
Die Bedeutung des Okkultismus
für die zukünftige Entwicklung des
deutschen Geisteslebens.
Unser neugewonnener Mitarbeiter Dr. Gustav Zeller
schreibt uds über diese zeitgemäße Frage (dat. Harburg a. E.
Maretstr. 521, 23. Ii. 19) *i. a.:
„Den Glauben, daß es wieder aufwärts geht, nachdem
wir so recht die teuflische Heuchelei und Grausamkeit der
Fginde und zugleich die völlige Unmöglichkeit nnsrer eig-
et.an Sozialisierungsversuche ohne tiefgehende innere Umgestaltung
der Menschen am eignen Leib und der eignen
Seele erfahren haben, lasse ich mir nicht nehmen. Die Feinde
werden sich wohl selbst in die Haare geraten, wie 1918
Serben und Bulgaren, und das wird uns dann möglicherweise
zu gut kommen. Japan und Amerika rüstet sich ja
wohl schon zum Kampf, und England und Frankreich
werden wohl hineingezogen. Dann können wir ebenso wieder
in die Höhe kommen wie 1913 die Türkei. Auch Rudolf
Steiner hat sich, wie ich hörte, in diesem Sinne ausgesprochen
. Wir werden so schließlich wieder unsere alte
Machtstellung gewinnen. Beide Parteien werden sich um
unsre Gunst bewerben. üdrx<t (>tf, im Laufe des wechselnden
Weltgeschehens kann es ja immerhin noch soweit kommen.
Meine Gedanken über eine Versöhnung von Glauben
und Wissen auf der Grundlage des Okkultismus
habe ich letzt genauer formuliert und werde darauf
in einiger Zeit zurück Kommen.
Der Hegelianer Karl Christian Planck mit seiner
phantastisch klingenden Anschauung vom Zentrum und der
Peripherie der Erde, aus deren Gegensätzlichkeit und gelegentlicher
inniger Verschmelzung alle Neuentwicklungen
im Leben der Erde z. B. Entstehung der Organismen, auch
des Menschen, des Christentums usw. zustande kommen, hat
ki seinem „Testament eines Deutschen* auf den unschönen
Riß in unsrer Kultur, den Gegensatz von starrem Kirchenglauben
(Zentrum) und rohem Materialismus (Peripherie)
hingewiesen. Er fordert eine neue Synthese, ein höheres
Drittes, das er mit seiner Weltanschauung zu bringen meint.
Mit viel größerem Recht könnte man dies vom Okkultismus
sagen. Er bildet in der Tat eine tragfähige Brücke
über die durch die materialistische Naturwissenschaft noch
ungeheuer erweiterte und vertiefte Kluft zwischen Glauben
und Wissen, Jenseits- und Diesseitsorientierung, Mystik
und moddftem Bewußtsein.
Die Frucht des Materialismus, der =dch infolge der
Abschließung der Kirche von den Aufgaben der Kultur
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0258