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Benedikts t>ie Lösung des Kunstproblem» Eyck. 271
graphien der Werke dieser Meister, und daß Photographien fast
reinerere Resultate als die Originale bieten, hat Oehlenheinz
richtig betont.
Methodisch so ausgerüstet, konnte ich an die Lösung des
Eyck-Problems gehen, das die Kunstwelt so lange in Atem hält,
nämlich an die Beantwortung der Frage, welche Arbeiten von
Hubert und welche von Jan van Eyek herröhren. Beim Studium
von acht photographischen Blättern — zum Teil mit zwei Halbtafeln
— vom Altar von Gent, konnte ich sofort zwei Typen feststellen
. Bei dem einen reagierte die Rute mit dem Ausschlage von
570°, wie ihn zum Beispiel Rafael hat, bei dem zweiten einem
solchen von nur 440°. Die erste Gruppe umfaßte folgende Tafeln:
Gott Vater, die Donatoren, Johannes Evangelista, die Richter und
die Streiter ♦ die Pilger und die Einsiedler. Die zweite Gruppe
umfaßte: die Madonna, die heilige Cäcilie und die singenden Engel,
die Verkündigung und die beiden Evangelisten Johannes.
Daß das Bild von Gott Vater und der Donatoren von dem
zuerst Beauftragten und Verlasser des gesamten Plans — also von
Hubert — herrühren, konnte wohl nicht bezweifelt werden, und
damit entscheidet die Rute für die übrigen Teile. Allein es fehlte
der direkte Beweis und die Frage blieb offen für alle anderen
Bilder, außer dem Genter Altar.
Die Pendelmonogramme beider Meister stehen sich sehr nahe.
Beide sind dreikurvig, das heißt, es traten drei Kurvenschwingungen
auf, von denen die erste von der zweiten und diese von der dritten
durch eine Linie getrennt sind. Dreikurvig sind zum Beispiel die
Monogramme von|Michelangelo, Giotto, Tizian, Rubens, Memling,
Murillo, Velasquez und unseres Canon. (Auch dessen Rutenanschlag
ist der höchste, den nur erstklassige Meister besitzen.) Bei beiden
Brüdern Eyck ist die mittlere Kurve eine Ellipse. Eine mittlere
Ellipse kommt nur noch bei Rembrandt vor, dessen Pendelmonogramm
auch dreikurvig ist, aber nur eine Linienschwingung zwischen
dem ersten Kreise und der Ellipse enthält.
Dazu kommt noch, daß beim Pendeln mit der rechten Hand
beim ersten Typus eine dritte, nämlich eine Anfangslinie erscheint.
Durch ihr Pendelmonogramm erscheinen beide Brüder von
allen Künstlern der Geschichte unterschieden und durch die Anfangslinie
noch beide voneinander. Dazu kommt der differente
Rutenausschlag, der sie ganz drastisch auseinander hält.
Die Pendelmonogramme haben noch einige Merkmale, die sich
gar nicht oder sehr selten bei anderen Meistern finden. Darauf
will ich hier als zu speziell nicht eingehen.
War also früher für einzelne Tafeln des Genter Altars die
Schaffung durch Hubert höchst wahrscheinlich, so konnte die
definitive Entscheidung erst durch meine Untersuchung gemacht
werden und dies gilt für alle Werke beider Brüder. Die Sicher-
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