Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
46. Jahrgang.1919
Seite: 290
(PDF, 171 MB)
Bibliographische Information
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290 Psychische Studien. XLVI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1919.)

gelähmt — zurückgeblieben waren. Ich las in Frevtag's
„Soll und haben*. Plötzlich sehe ich aus dem Hotel Kauch
und Fetter aufsteigen. In großer Angst stürze ich hinunter.
Viele Jahre hindurch konnte ich das Buch nicht zu Ende lesen;
und immer, wenn ich mich um nahestehende Personen sorgen
muß, tritt beim Lesen die Angst ein, die in jenem Ereignis
ihre Wurzel hat. Mit dieser Palinmnese war das Symptom
dauernd und vollständig beseitigt. Jenes traumatisch wir-
kende ErlebniB nennen wir, dem heutigen Sprachgebrauch
folgend, den „Lesekomplex*, den das Symptom auslösenden
Affekt den „Komplexreiz*, die Beschwerde die „Komplexreaktion
* oder das „ Sandbanksymptom *. Die Erinnerung auf
den Komplex ist ein Akt der »hypnotischen Selbstbesinnung*.

Ich darf wohl annehmen, daß jeder Leser aus dieser
Erklärung die Überzeugung entnehmen wird, daß das geschilderte
schizothyme Krankheitssymptom weder mit der
Hysterie, die auf einem mangelhaften Gesundheitsgewissen,
noch mit der Neurasthenie, die auf mangelhafter Willenskraft
beruht, irgend etwas zu tun hat. Und ferner, daß der
Leser wohl versteht, warum die palinmnestisehe Behandlung'
hier zum gewünschten Ziele, zur Befreiung von der Beschwerde
, führen muß. Denn sobald der im Unterbewußtsein
vergraben liegende Zusammenhang auf diesem Wege
dem Oberbewußtsein klar gemacht wird, ist der Bann gebrochen
und der Kranke von dem geheimnisvollen Feinde
befreit. Mit Recht macht der Verfasser an anderer Stelle
auf das erlösende Moment aufmerksam, welches im Geständnis
, im Bekenntnis, in der „Beichte" liegt, läge es auch
selbst nur in einer Verschiebung der Verantwortung, einer
Abschiebung derselben von sich und Zuschiebung derselben
auf eines anderen Schultern.

Die obige Schilderung macht es uns auch verständlich,
warum der Verfasser zu der schon genannten Einteilung
des Unterbewußtseins gelangt ist. Das affektbetonte Ereignis
prägt sich bei dem Schigothymen stärker als dem
Oberbewußtsein dem Unterbewußtsein ein. Die den Eindruck
empfangende Schicht nennt er das erlebende
Unterbewußtsein. Das Oberbewußtsein ist vom Anteil
an dem Erlebnis um so mehr ausgeschlossen, je weniger es
zu einer Affektreaktion gekommen ist. Der so entstehende
Komplex bleibt aber nicht im erlebenden Unterbewußtsein,
sondern er wird einer diesem beigefügten Registratur einverleibt
, die Verfasser als das ordnende Unterbewußtsein
bezeichnet. Das erlebende Bewußtsein ist dann vollständig
vom Komplex befreit; nur daß dieses gewissermaßen
einen zarten Fühler nach dem erlebenden Unterbewußtsein


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