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?2Ö Psjehische Studien. XLVT. Jahrg. 6. Heft. {Juni 1^10.)
„Niemand ist umsonst gefallen, / Wie im Wald umsonst kein Laub, /
Helden-Humus in uns allen / Wird und wirkt ihr heiFger Staub I*
— Deutsehland selbst, das wie eine Eiche seine Krone im Weltsturme
verlor, ruft er die Feinde, die uns Hunnen und Barbaren
schimpfen, beschämend, die stolzen und trostreich-verheißungsvollen
Worte zu: „ Nicht Eiche und nicht Rose / Sollst Du auf Erden
blühn, | Du träumst im dunklen Moose, / Im schlichten Tannen-
grün." / Von Denkern und von Dichtern / So wunderbar erhellt, /
Bei du mit goldnen Lichtern / Der Ohristbaum dieser Welt!* . .
So int „Deutschland« Trost* von Max Bewer ein Buch des Ansporns
zu neuer Arbeit am Vaterland, der Beruhigung im Schmerz um den
Heldentod geliebter Angehöriger und des Vertrauens in den ehrenvollen
, ja vorbildlich voranleuchtenden Bestand unseres Volkes.
Edelstem Empfinden entsprossene, philosophisch wertvoüe und praktisch
fruchtbare Gedanken linden sich hier in echt dichterischer
Form in herrliche Worte geprägt. Möge dieser wahre Seelentrost
in Deutschlands tiefster Not mit seinem übersinnlichen „Helden-
glauben* in weiteste Volkskreise dringen. — Dr. —r.
Briefkasten»
Herrn Pfarrer —n In W. Daß Deutschlands „getreuer Eckart8,
der um unser Vaterland hochverdiente Hindenburg, den deutschen
Kaiser betreffs seiner Flucht ins Ausland wegen Gefährdung seines
Lebens pflichtmäßig verteidigt und daß sogar der damalige Kommandant
des Großen Hauptquartiers den früheren Jesuiten Grafen
Hoensbroech wegen des ihm deshalb in dessen letztem Buch gemachten
Vorwurf» der Feigheit zum Zweikampf gefordert hat, ist
uns wohl bekannt. Sie werden aber doch wohl zugeben, daß eine
so heikle Ehrenfrage niemals mit den Waffen entschieden werden
kann. Wenn betont wird, daß Wilhelm II. nur nach dem aller-
schwersten Seeienkampf dem Bat seiner für sein Leben verantwortlichen
Umgebung gefolgt sei und dabei geäußert habe: „Ich schäme
mich so sehr!% so hätte er u. E. dieser unfehlbaren inneren Stimme
(dem „kleinen Dämon* des Sokrates), die den Menschen warnt, wenn
er Gefahr läuft, sein besseres Selbst zu verlieren, unbedingt folgen
sollen, während ihn jetzt das Urteil der Weltgeschichte von dem
Vorwarf schmachvoller Flucht vor der Verantwortung kaum je be-
freien wird. Nicht das noch immer opferbereite Volk hat ihn, sondern
er sein irregeleitetes Volk im Augenblick der höchsten Gefahr im
Stich gelassen und dadurch zur Selbstgestaltung seiner Zukunft
gezwungen. Da steht sogar Napoleon III., der sich bei Sedan frei-
willig gefangen gab. weil es ihm nicht gelungen sei, an der Spitze
seiner Truppen den Heldentod zu finden, in unseren und wohl in
jedes Unbefangenen Augen noch in besserem Lichte da, so sehr auch
wir ein tiefes Mitleid mit dem selbstbewußten Herrscher empfinden,
der stets Großes für sein Volk erstrebte und die Ehre des Beichs
hochgehalten hatte.
Herrn Dr. Eduard von Mayer, Locarnc (Pension Splendid) danken
wir für die freundlichen ÖstergrüOe auf wunderschöner Ansichtskarte
der „Madonna del Sasso." Auch wir hoffen zuversichtlich, daß
dem deutschen Volk, wenn nur einmal der Friedenszustand wieder
völlig hergestellt ist» ein neuer Frühling und eine fröhliche Auferstehung
aus der tiefen Not werde, in welche es durch fremde
Bosheit und eigene Verblendung geraten ist.
NB. Um gefl. Beachtung der abgeänderten Bezugs-Bedingungen für
die „Psych. Studien" auf 3. Um Schlagseite wird gebeten! M.
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