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Rechenberg: Der Identitätsbeweis im Spiritismus. 881
gesetze — in der Hauptsache und soweit es hier nötig ist, zur
Darstellung bringen.
Von dem formalen Ablauf des Denkens kann hier abgesehen
werden. Aber innerhalb des formalen Ablaufes unseres Denkens
erkennen wir gewisse Denknotwendigkeiten. Von diesen soll
hier die Rede sein.
Es ist eine Eigentümlichkeit unseres Denkens, daß wir in ihm
gewisse Gesetze, wenn man will Urteile, vorfinden, die unumstößlich
und unabänderlich etwas als absolut wahr und richtig behaupten
. Denn wenn wir uns das Gegenteil oder etwas Abweichendes
von diesen Gesetzen zu denken oder vorzustellen suchen, so
sehen wir, daß das gar nicht für uns möglich ist. Wenn ich z. B.
sage, daß sine jede Größe oder Einheit sich selbst gleich ist, so
drücke ich damit eine selbstverständliche Notwendigkeit aus. Wenn
ich aber das Gegenteil davon oder etwas davon Abweichendes
auszusprechen oder zu denken versuche, so sehe ich sofort, daß
das eine innere Unmöglichkeit ist. Denn ich kann mir gar nicht
irgendwie vorstellen, daß eine Einheit oder eine gegebene Größe,
mit sich selbst verglichen, sich selbst irgendwie nicht gleich
sein könnte. Ich kann das wohl mechanisch aussprechen, mechanisch
denken, aber wenn ich das tue, so denke oder spreche ich
einen für jedermann offen zutage liegenden Unsinn aus, oder wenn
ieh sage und denke, daß eine Einheit oder Größe noch einmal genommen
und zur ersten Einheit hinzugelegt, zwei Einheiten ergiebt,
und diese zwei Einheiten zusammengenommen, doppelt soviel oder
so groß sind als die erste Einheit, so spreche ich damit eine absolute
Selbstverständlichkeit und Denknotwendigkeit aus. Denn ich kann
gar nicht das Gegenteil davon oder etwas davon Abweichendes
ausdrücken oder vorstellen.
Aus den angeführten Beispielen geht nun mit genügender
Klarheit ein ganz allgemeines Denkgesetz, oder wenn man will
eine logische Denknotwendigkeit hervor: nämlich, wenn etwas als
gegeben festgestellt ist, so kann nicht gleichzeitig das Gegenteil
oder etwas davon abweichendes richtig sein. Logisch ist daher
nur, was unseren Denknotwendigkeiten entspricht. Zu unseren
Denknotwendigkeiten gehört auch das sogenannte Kausalitätsgesetz,
welches besagt, daß jedes Geschehen eine Ursache haben muß, die
es hervorgerufen hat. Denn wir können uns gar nicht vorstellen,
daß irgend etwas sein oder existieren könne, ohne eine Ursache
zu haben. Und ebenso steht es auch für uns unumstößlich fest, daß
gleiche Ursachen bei sonst gleichen Nebenumständen auch immer die
gleichen Wirkungen haben müssen; ebenso wie umgekehrt, daß
gleiche oder ähnliche WirKungen bei sonst gleichen Nebenumständen
auch auf gleiche oder ähnliche Ursachen schließeu lassen müssen.
Das interessante und eigentümliche bei den sogenannten Axiomen
wie überhaupt auch bei unsern logischen Denknotwendigkeiten
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