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362 Psychische Studien. XL VT. Jahrg. 7. Heft, (Juli 1019.)
Ein Urgrund muß aber unbedingt für alles Bestehende vorhanden
sein. Bei einem gründliehen Forsehen über eine Sache den Urgrund
aussehließen, würde meines Eraehtens ähnlich dem sein, daß
man ein Haus in der Luft baut. Die seelische Forschung und auch
der Spiritismus zwingt zu der Anerkennung der Existenz für unser
gewöhnliches Auge unsichtbarer Wesenheiten mit mehr oder weniger
Intelligenz. Sehr viele davon behaupten, irdisch gelebt zu
haben und gaben zweifellose Beweise dafür, die unserer klaren
Vernunft genügen müßten, wenn die Wissenschaft sich auch für
berechtigt hält, sie anzuzweifeln. Fast alle mir in dieser Art
durch Schreib- und Sprechmedien gewordenen Mitteilungen haben
zu einem großen Teil nicht verfehlt, auf das Dasein eines höheren
Wesens, eines Gottes, hinzuweisen und einen moralischen, diesem
Gott wohlgefälligen Lebenswandel zu empfehlen. Dieser Gott
wurde stets als der Urgrund alles Seins bezeichnet. Sollte es
da wohl angebracht sein, wenn man der Menschheit mit dem gesamten
Forschen im Sinne der Geheimw issensehafien dienen will,
gerade diesen Punkt und diese Fra^e einfach zurückzustellen?
Und warum etwa? Hätte man vielleicht zu fürchten, sich vor der
Wissenschaft mit der Forschung nach Gott lächerlich zu machen?
Ich glaube wohl, dazu liegt kein Grund vor. Die gesamte Menschheit
ist nur imstande, all ihr Forschen und ihre gesamte Wissenschaft
zu fundamentieren auf der gesunden menschlichen Vernunft
und ich möchte wohl sagen, alles Forschen, bei welchem schließlich
die gesunde Vernunft nicht mehr eine wahre Belriedigung
finden kann, ist eine müßige Spekulation. Gerade dort, wo unsere
menschLche Vernunftmit ihrem Ergründen Halt machen muß, wie z.B.
beim Mikrokosmos und der Erforschung der Stoffteilung, dort erfolgt
meistens der Lebergang zur Bewunderung und Verehrung der intelligenten
Kraft, welche so über alle menschliche Vernunft Erhabenes
zu schaffen vermag. Allerdings hat ein großer Philosoph behauptet,
wenn schon die Menschen Narren seien, welche das Dasein eines
Gottes leugnen wollten, so noch vielmehr diejenigen es seien, welche
es beweisen möchten. Dennoch könnte man auch diesem Weisen
den fraglichen Beweis bringen und er müßte ihn anerkennen, wenn
anders er nicht als minder vernünftig gelten wollte. Um die ganze
Menschheit herum, in derselben und wo sie auch nur ihr vernunftmäßiges
Forschen hinwenden mag, finden sicfi auf einheitliche
Gedanken zurückzuführende Schöpfungswerke. Sie zu erforschen
bemüht sich ja ständig ein Teil der Wissenschaft. Da nun aber
zweifellos niemand aus der Wissenschaft imstande sein dürfte,
diesen Werken der Schöpfung die Zweck- und Zielmäßigkeit
abzusprechen, anderseits aber wiederum jede Zweck- und
Zielmäßigkeit Intelligenz als Basis haben muß, — die menschliche
Vernunft läßt eine andere Möglichkeit nicht zu —, so ist damit
die hinter den Werken der Schöpfung stehende einheitliche Intelli-
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