http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0381
Kurze Notizen.
Kurze Notizen.
a) Töne und Farben. Die seelischen Beziehungen
zwischen Farben und Tonen — in dem Sinne, daß wir mit
gewissen Tönen und Lauten bestimmte Farben oder Lichtempfindungen
verbinden — beginnen für viele schon bei
den einfachsten Elementen des musikalischen Ausdrucks,
bei einzelnen Tönen, sei es gesanglichen oder instrumentalen
, und bei den Vokalen der Sprache. Für manche
Menschen hat jeder Vokal seine eigene Farbe, die dann
durch die hinzutretenden Konsonanten oft noch eine besondere
bestimmte Nuance erhält. Pilo bemerkt von sich, er sehe das
A rot, das S gelb, das J. weiß, das U schwarz, und nur das O
sei für ihn grau od^r farblos. Andere dagegen sahen das
O gelb, das E weiß, und das J blau, noch andere das A
weiß, das E grün, das J rot. Der Engländer W. S. Col-
man stellte bei sich fest, daß er bei gewissen Tönen, Vokalen
, Noten oder bestimmten musikalischen Instrumenten
„transparente", oft sehr prächtige Farbenempfindungen
habe. Daß der Klang verschiedener Musikinstrumente bei
manchenPersonen bestimmte Licht-und Farben Vorstellungen
hervorruft, ist vielfach bezeugt. Vielen gilt der Harfenton
als weiß, der Geigen ton als blau, der Blechton als rot,
der Flötenton als gelb und der Orgelton als schwarz. Der
Komponist Joachim Raff empfand die Flöte als azurblau,
die Oboe gelb, das Horn grün, die Trompete scharlachrot
und das Flageolett dunkelgrau. Einem von Alberotti untersuchten
Blindgeborenen erzeugten das Geheul der Dampfpfeife
, die Schwingungen der Gitarre, die Schläge auf den
Amboß phantastische, verschiedenfarbige Lichter vor seinem
verfinsterten Auge. Ein Arzt empfand die Geräusche des
pulsierenden Herzens und der atmenden Lungen bei der
klinischen Auskultation farbig. Der Maler Bernardo Celen-
tano hörte, ebenso wie Haff, die Töne der Trompete rot.
Von Franz Liszt wird erzählt, daß er als Orchesterdirigent
den ausübenden Musikern nicht selten die Anweisung gegeben
habe, diese oder jene Stelle „mehr blau" oder „mehr
rot" zu spielen. Im Jahre 1895 ließ ein gewisser Wallace
Remington in London eine Orgel bauen, bei der jede Taste
in Verbindung stand mit einer elektrischen Lampe in der
besonderen Farbe, die nach dem Empfinden des Erbauers
genau der betreffenden Note entspricht: spielte die (akustisch
stumme) Orgel, so wurde auf diese Weise die phonetische
Melodie in die chromatische, die hörbare in die sichtbare
übertragen. Dabei kam er zu der kuriosen Feststellung,
daß Wagner vorwiegend in Purpur, Mozart in himmelblau,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1919/0381