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Zelloi Versuch ein. WVrtlehn- u. Mitberöcksichtig. d. med. Okk. 411
Blutkrankheit zu befreien sucht, zeigt uns, wie Goethe einem absoluten
Leugnen dieser Dinge gegenübersteht. Er würde sicher
heute, wo von namhaften Forschern eine solche erdrückende Masse
von Tatsachen zusammengetragen worden ist, jeden Zweifel an
der Wahrheit des Okkultismus aufs entschiedenste zurückweisen.
Wer heute noch den Okkultismus bekämpft, sollte sich jedenfalls
sagen, daß die tiefsten und schärfsten Denker, die Deutschland
hervorgebracht hat, auf der Gegenseite waren. Kant hat
wohl die Phantastereien eines Swedenborg zurückgewiesen, aber
die geistige Natur des Menschen im Sinne des Okkultismus hat
er durchaus anerkannt. Du Prel hebt in seiner Einleitung zu
Kants Verlesungen über Psychologie die weitgehende Ueberein-
stimmung zwischen seiner und Kants Seelenlehre hervor und folgert
daraus, daß Kant sicher heute, wo seine Hypothesen durch
ein weit ausgedehntes Tatsachenmaterial bestätigt worden sind,
sich zum Okkultismus bekennen würde.
Schon mehrfach war im voihergehenden von der philosophischen
Bedeutung, die eine wissenschaftliche Feststellung der angeblichen
okkulten Tatsachen haben würde, die Rede gewesen.
Besonders nach einer Richtung hin würde eine solche Feststellung
voraussichtlich von unabsehbarer Bedeutung für unser ganzes
Geistesleben werden. Wird der Okkultismus von der Wissenschaft
anerkannt, so wird er höchstwahrscheinlich die von Tausenden
schon mit so heißem Bemühen«, gesuchte, aber nie gefundene Verbindungslinie
zwischen den beiden Polen unseres geistigen Lebens,
dem Wissen und dem Glauben, der modernen durch die naturwissenschaftliche
Forschung bestimmten Kultur und der christlichen
Religion bilden. Ein Wissen auf okkultistischer Grundlage
bildet keinen Gegensatz zum Glauben, führt vielmehr zum Glauben
hin, ersetzt ihn sogar bis zu einem gewissen Grade, obwohl
natürlich die letzten Gründe des Daseins schwerlich jemals ganz
dem Wissen erschlossen werden können. Aber Näherliegendes wie
das Fortleben nach dem Tode, eine Anschauung, die noch durch
die Entwicklungslehre scheinbar aufs schwerste in Frage gestellt
werden konnte, kann jetzt, wenn auch nicht bewiesen, so doch
in hohem Grade wahrscheinlich gemacht werden. Der Okkultismus
ist eine naturwissenschaftliche Hypothese, genau wie die Entwicklungslehre
. Bei beiden Theorien liegt ein riesiges Tatsachenmaterial
vor, bei beiden ist zwar keine mathematische Gewißheit
möglich, wohl aber ist ein höchster Grad von Wahrscheinlichkeit,
mit der wir praktisch ebenso wie mit voller Gewißheit rechnen
können, vorhanden. Wird der Okkultismus, woran heute kaum
mehr zu zweifeln ist, In Bälde die Weltanschauung jedes Gebildeten
sein, so werden Denkhindernisse, die bisher den Glauben an
das Fortleben außerordentlich erschwerten, bei Tausenden von
Gebildeten und den ihnen folgenden Massen beseitigt werden.
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