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4C4 Psychische Studien. XL VI. Jahrg. 9. Heft. (September 1919.)
Kaum ist mit der Realität der Sinnen weit nicht vereinbar.
Für den esoterisch Erfassenden. Als exoterische Lehre ist
aber der Dualismus unerläßlich. Wer sich zum Monismus
bekennt, muß die intelligible Welt als die einzige reale anerkennen
. Der materialistische Monismus ist eine bedauernswerte
Verirrtin g des menschlichen Geistes. Was vielen als
das Ziel erscheint, ist erst der Anfang, der zum Ziel führt,
wenn man den Atheismus überwindet. Den geistig Armen
den Glauben an einen gütigen Vater im Himmel zu rauben,
ohne ihnen einen Ersatz zu bieten, ist keine Wohltat, ebensowenig
, wie dem Lahmen die Krücke aus der Hand zu schlagen,
ehe man sein Gebrechen kuriert. Die Trennung von Kirche
und Staat ist eine Kulturforderung, die sich früher od^r
später durchsetzen wird, aber kein wahrer Menschenfreund
wünscht den Gottesglauben aus dem Bewußtsein unseres
Volkes gestrichen. Was not tut, ist die Läuterung des
Glaubens, nicht seine Zerstörung. Die ßeligion der Zukunft,
wie die edelsten Denker und Künstler sie erträumen, ist
keine Utopie. Es gilt nur die eine Wahrheit zu verbreiten:
es gibt nur einen Gott und kein Kultus vermag, die sittliche
Gesini ung zu ersetzen.
Die Philosophie des Alsob ist die Vollendung des
transzendentalen Idealismus, ist die Svnthese der vier Vor-
ganger: Buddha, Piaton, Christus, Kant. Als ob das nach
Bewußtsein ringende Ich immer einen frischen Aulauf nähme.
Die ganze Geschichte der Philosophie ist nur unter diesem
Gesichtspunkte zu erklären, das scheinbare Chaos der verschiedenen
Systeme ordnet sich unter diesem Gesichtspunkte
zu einer wunderbaren Harmonie. Die Kant - LaplaceVche
Theorie der übersinnlichen Welt.
Die Philosophie des Alsob ist die IJesignation, in die
übersinnliche Welt einzudringen, und das Bescheiden, sich
in der Sinnenwelt zurecht zu finden. Im Bewußtsein, bloß
einen Schatten des wirklich realen, aber unfaßbaren Etwas
zu ergründen, begnügt sich der menschliche Intellekt, die
Simvnwelt zu deuten, und benimmt h.ch so, als ob er
in einer realen Welt sich bewegte. Al«o nur ein scheinbarer
Dualismus, hervorgerufen durch ein praktisches Bedürfnis
.
In der Sinnenwelt herrscht die unerbittliche Kausalität.
Um die Freiheit des Willens zu retten — und sie allein
wiegt die ganze Sinnenwelt auf — stellt die praktische
Vernunft sie als ein Postulat auf. Gott, Freiheit und Unsterblichkeit
können nicht bewiesen, aber ebensowenig widerlegt
werden.
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