Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
46. Jahrgang.1919
Seite: 471
(PDF, 171 MB)
Bibliographische Information
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Zeller; Versuchern. Wertlehre u. Mitberücksichtig, d mod. Okk. 471

nachzuholen , während der ältere Protestantismus (ich erinnere
nur an Arndts Wahres Christentum und Tersteegens Schatzkästlein
) und die katholische Kirche, besonders die des Mittelalters,
der Mystik viel mehr Verständnis entgegengebracht hatte. Also
sowohl das moderne Element des Erkennens wie das urchristlich-
mittelalterliche der Mystik muß in der neuen Wertlehre seine
Stelle finden.*) Beiden Seiten gilt es nach dem Vorbild des
älteren Goethe in gleicher Weise gerecht zu werden. Das Beste
der modernen Kultur, unser in Kunst und Wissenschaft sich auswirkendes
modernes Erkenntnisideal, ist mit dem Wertvollsten,
was uns die Religion gebracht hat — ich möchte es kurz mit dem
Schopenhauer'schen Begriff „Willensverneinung", d. h. Verleugnung
des selbstsüchtigen Eigenwillens und Hingabe des menschlichen
an einen höheren Willen bezeichnen, gleichwertig zu vereinigen,
so daß keines nur Mittel zum Zweck für das andere wäre, so wie
im Mittelalter die Philosophie nur die dienende Magd der Theologie
war. Durch diese Formulierung werden Einseitigkeiten, die bisher
in unserem geistigen Leben eine verhängnisvolle Rolle spielten
, vermieden. Nietzsche, als Vertreter eines Zeitalters materialistischer
Naturwissenschaft, hatte nur Diesseitswerte, das Urchristentum
dagegen, das das baldige Weltende vor Augen sah,
nur Jenseitswerte gekannt. Beide Weltanschauungen erscheinen
vom Standpunkt des modernen Okkultismus aus als gleich einseitig
, beiden gegenüber muß die Einhaltung einer mittleren Linie,
wie Kant und der ältere Goethe sie uns gewiesen haben, empfohlen
werden.

Bisher bildeten Wissen und Glauben trotz aller Harmonisierungsversuche
doch im Grunde einen schwer auszugleichenden
Gegensatz. Zwischen beiden nun schafft die neue Weltanschauung
eine feste, tragfähige Brücke. Wer die Tatsachen des Okkultismus
anerkennt, kommt ganz von selbst zum Jenseitsglauben und
damit auch zur Mystik. Die Mystik ist die Philosophie und Religion
des Okkultismus, die Spitze, in die die breite Pyramide des
riesigen okkulten Tatsachenmaterials ausläuft. Vielleicht daß auch
die Theosophie als Abschluß des neuen Naturerkennens noch eine
gewisse Bedeutung erhalten wird. Ohne ihre Deutungsversuche
kommt, wie ich glaube, auch der wissenschaftliche Okkultismus
nicht ganz aus dem Dunkel heraus. FreUich muß die Theosophfe
ihre Forschungsmethode einwandfrei klarlegen, außerdem muß sie
selbstverständlich mit der modernen Wissenschaft die allerengste
Fühlung halten. [Das letztere versucht in für die Theosophie anerkennenswerter
Weise die 1907 bei Max Altmann in Leipzig

*) Vergl damit die verwandte Anschauungsweise von Driesch, „Wirk-
hchkeitslehre" S. 328 ff., wo Caritas und Wissen als die Hauptwerte menschlichen
Kulturscbaffens bezeichnet werden.


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