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Kamdl: Was ist Suggestion? 539
des letzteren bedürfe, durch welchen ihr zugleich alles
Körperliche und Seelische desselben zugeführt werde, wodurch
die beiden seelischen Ich gleichsam ineinander zerfließen
. „Ich kann nicht denken", sagte diese Kranke einmal
zu Kerner, „oder in dich oder andere eingehen, ohne von
deinem Nervengeiste an mich zu ziehen. Je mehr ich denke,
desto mehr ziehe ich davon an. So muß ich auch tun, was
du willst, durch diesen Strahl deines Nervengeistes, über
den du und durch den du mir gebietest*. —
Im Gebiete des Lebensmagnetismus hören die mecha-
nischen Beziehungen und Kommunikationen auf, und die
dynamischen treten ein, vermittelt durch den Nervengeist,
der auch die Sinnenwelt in sein Bereich zieht. Beim Mag-
netiseur ist diese Strahlensendung, als solche, zwar unfreiwillig
, aber ob er gleich wegen seiner gröberen Organisation
die Erscheinung nicht sieht, besteht sie doch auch bei ihm.
Dieser Licht- und Lebensstrahl ist es, vermittelst dessen
er auch aus der Ferne auf seinen Kranken einzuwirken
fähig wird. Als van Ghert seine Schlaf wache fragte,
wie sie seine Fragen aus einem andern Zimmer bei verschlossener
Türe vernehmen könne, erwiderte sie: weil er,
wo er sich befinde, immer einen Lichtschweif hinterlasse,
der auf sie zuströme (A. III, 1, 112). Dieselbe sagte: selbst
von seinem Bureau aus, wo er gesessen sei, habe sie diesen
Lichtstreif aus ihm auf sie zuströmen sehen, als er an sie
gedacht habe (S. 168).
Gewöhnlich wird der somnambule Zustand durch Manipulationen
hervorgebracht, wodurch der Nervengeist des
Kranken frei, und die Atmosphäre des Organismus erweitert
wird. Innerhalb des so gebildeten magnetischen Kreises
vermischen sich die Lebensatmosphären des Magnetismus
und der Somnambule zu einer einzigen, über welche hinaus
diese ohne den Willen des ersteren nicht in die gewöhnliche
Sinnenwelt sehen kann. Die Seherin von Prevorst
vergleicht diese Absperrung mit einer „Mauer- oder Scheidewand44
, durch welche sie von der Außenwelt getrennt sei;
eine andere Somnambule vergleicht ihr inniges Verhältnis
zum Magnetiseur treffend mit dem Zusammenfließen zweier
Wassertropfen in einen. — Physisch und psychisch einem
fremden Organismus anklebend und innig verbunden, lebt
die Schlafwache solange eine Art parasitischen Lebens, bis
sie die zum selbständigen Leben erforderliche Lebenskraft
wieder besitzt. Menschen und Tiere, in solchem Rapport
befindlich, bilden gleichsam nur einen Organismus miteinander
— Tritschler cohärierte während der Krisen
so innig mit seinem Knaben, daß dieser seine Persönlichkeit
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