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Seiling: Richard Wagners Verklärung,
er es die eigentümliche Hitze meiner Natur; er glaubte,
daß die Hitze verzehrend für andere sein könne, ich aber
bei ihrem heißesten Erglühen mich jedenfalls erst recht wohl
fühlen müßte, denn er habe mich mehrmals vollständig
leuchten gesehen". Hier hat es sich zweifellos um ein starkes
durch Wagners Erregtheit bedingtes Hervortreten der Aura
gehandelt.
In einem andern Falle scheint ein Austreten des Astral-
(bezw. Äther-) Leibes stattgefunden zu haben. S. 110 seiner
Lebensbeschreibung berichtet Wagner nämlich, daß er gelegentlich
der Bestattung der von London nach Dresden
übergeführten Leiche Karl Maria von Webers eine Rede
gehalten habe, während welcher er — vermutlich infolge
seiner großen Verehrung für den Toten — in einen ekstatischen
Zustand geriet. Er sagt: ÄEs begegnete mir, daß,
als ich meine Rede deutlich und volltönend begonnen, ich
von der fast erschreckenden Wirkung, welche meine eigene
Sprache, ihr Klang und ihr Akzent auf mich selbst machten,
für einen Augenblick so stark affixiert wurde, daß ich in
völliger Entrücktheit> wie ich mich hörte, so auch der
atemlos lauschenden Menge gegenüber mich zu sehen
glaubte, und, indem ich mich mir so objektivierte, völlig
in eine gespannte Erwartung des fesselnden Vorganges
geriet, welcher sich vor mir zutragen sollte, als ob ich gar
nicht derselbe wäre, der andrerseits hier stehe und zu sprechen
habe. Nicht die geringste Bangigkeit oder auch nur Zerstreutheit
kam mir hierbei an; nur entstand nach einem
geeigneten Absatz eine zu unverhältnismäßig lange Pause,
daß, wer mich mit sinnend entrücktem Blicke dastehen sah,
nicht wußte, was er von mir denken sollte. Erst mein
eigenes längeres Schweigen und die lautlose Stille um mich
herum erinnerten mich daran, daß ich hier nicht zu hören,
sondern zu sprechen hätte. Sofort trat ich wieder ein und
sprach meine Rede mit fließendem Ausdruck bis an das Ende.*
Im Anschluß an Julie Knieses Mitteilung im „Zentral-
biatt für Okkultismus*4 sagt G. W. Surya S. 278 des gleichen
Jahrganges der genannten Zeitschrift, nachdem er Aussprüche
über Verklärung von Meister Eckhart und Franz Hartmann
zitiert hat, in bemerkenswerter Weise: „Wenn eine menschliche
Seele die nötigen Vorbedingungen erfüllt, so ergießt
sich in sie das Licht der göttlichen Weisheit und Verklärung,
und diese himmlischen Kräfte durchleuchten endlich auch
die grobstoffliche Hülle und verklären sie, wie dies schließlich
bei K. Wagner der Fall war, dessen teilweise überirdische
Musik schon längst für jedeu empfindlichen Menschen Zeugnis
ablegte, daß Wagner auf dem ege der Kunst die Adeptschaft
erreicht hat." 35
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