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552 Psychische Studien. XLVI. Jahrg. 10.41. Heft. (Okt-Nov. 1919.)
gen sachlichen Erörterung der Streitfragen. Ich darf wohl
vermuten, er hätte diese Empfindlichkeit zurückgestellt, falls
er schlagende Gegenargumente haben würde. Es ist mein
gutes Recht, scharfe Kritik an unhaltbaren und gefährlichen
Theorien zu üben, persönliche Gekränktheit sollte da nicht
beim Gegner Platz greifen, dadurch wird die Klärung verhindert
. Wenn Herr Dr. Böhm schreibt, daß „nunmehr die
Tatsächlichkeit der Telepathie anerkannt ist" und deshalb
,das Tasten nach brauchbaren Unterlagen nicht mehr vordringlich
* sei, so muß ich gestehen, daß mir aus den letzten
Jahren keine Untersuchungen bekannt geworden sind, die
die Sachlage gegen früher merklich geändert hätten; die
jetzt vorhandenen Unterlagen waren beim ersten Auftreten
von Herrn Dr. Böhm ebenso vorhanden, infolgedessen war
also eine derartige Anwendung der Strahl ungsphysik überhaupt
nicht notwendig, wie Herr Dr. Böhm jetzt selbst zugibt
. Erfreulich ist jedenfalls, daß er trotzdem unverkennbar
seine bisherige Stellungnahme den Problemen gegenüber
aufgibt und selbst zugesteht, daß die „Strahlungsphysik zunächst
zurückgestellt werden kann.* Damit hätte also meine
Kritik ihr Ziel durchaus erreicht, denn nur gegen diese einseitige
Anwendung dieser Anschauungen habe ich mich gewendet
. Allerdings steht damit wieder in merkwürdigem,
aber kennzeichnendem Widerspruch, daß er trotzdem die
extremste Anwendung der Strahlungsphysik, nämlich das
Diagramm zu verteidigen gewiJIt zusein scheint, ein Widerspruch
, der zweifellos bei näherer Überlegung zu Ungunsten
des Diagramms gelöst werden muß. Da, soviel ich sehe, der
Öffentlichkeit gegenüber eine andersartige Beurteilung
des Diagramms nicht vorliegt, so wäre es nach den üblichen
litterarisehen Gepflogenheiten Herrn Dr. Böhm's Pflicht gewesen
, auf meine Kritik sachlich einzugehen, anstatt auszuweichen
. — Was den Vorgang in meiner Wohnung betr'fft,
den Herr Dr. Böhm so ^ungern" erwähnt, so hat er sich, wie
ich meinen damaligen Aufzeichnungen entnehme, anders ab-
* gespielt und berechtigt durchaus nicht zu irgendwelchen Verdächtigungen
. Die Dame hatte einen falschen Gegenstand
ergriffen und wollte nun mit diesem weitergehen, Herr Dr.
Böhm aber blieb so lange wie nur irgend möglich an seinem
Platze stehen und wäre, da er ihr im Wege stand, fast umgerannt
worden. Jedem Kenner ist ein derartiges Verhalten
bekannt und jeder Kritische hätte auch pflichtgemäß auf
diese Fehlerquelle, die ja im Wesen des Muskellesens liegt,
aufmerksam gemacht. Irgendwelche moralische Mißdeutungen
haben mir damals ferngelegen und ich bedaure, daß die Sache
gich jetzt in Herrn Dr. Böhmes Erinnerung so spiegelt.
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