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Zeller: Hans Driesch'» bahnbrechendes Werk. 618
persönlicher Ganzheit1) und dann Prä- und Postexistens
aer Seele. Freilich steht das durch die Materie bestimmte
Reich des Zufalls, des Irrtums, des Bösen dem der Ganzheit
in (sagen wir vorläufig) dualistischer Weise gegenüber.
3. (Das theologische Problem,) Aus dem Wesen
der Welt als einer durch Ganzheits- wie Zufallszüge be-
»eichnetenj in letzter Linie sich trotzdem zu einer Einheit
zusammenschließenden Gesamtheit folgt das Dasein eines
als bewußt wissend zu denkenden Gottes, in dessen als
zwiespältig anzunehmendem Wesen die beiden gegensätzlichen
Elemente auf irgend eine Weise verbunden seia
müssen. Ob dieser als seinem Wesen nach fertig nach Art
des kreatorischen Theismus, aber auch des emanatorisehea
[sonst Pantheismus genannten] eines Spinoza und der Neu-
platoniker, oder nach Art des .echten" Pantheismus (Bergson)
als unfertig (Dien qui m fait)*) zu bezeichnen ist, Vag! def
Verfasser nicht zu entscheiden. Aus beiden Gottesbegriffen,
heraus erscheint die Welt verständlich.
Den Angelpunkt des ganzen Systems scheint mir der
Begriff „Wissen ist Urbeziehung der Wirklichkeit*4 8. 125ff.
zu bilden. Von Anfang an steht dem Stoff ein (göttliches)
Wissen gegenüber, nie war Wirklichkeit ohne Wissen. Unser
jetziges Wissen ist, wie oben erwähnt, nur auf diese Weise,
nicht aus der Materie zu erklären. Weil Wissen eine Urbeziehung
, etwas seinem Wesen nach Ewiges ist, ist die
Einzelseele auch prä- und postexistent. Wissen ist uns
Urbeziehung im Wirklichen: also ist Wissen unvernichtbar;
also besteht Wissen nach dem Tode fort,* S. 318. Ob
diese beiden «also* durchaus stringent sind, wage ich nicht
zu entscheiden. Überzeugender scheint mir immerhin der
im selben Abschnitt folgende Hinweis auf die Tatsachen
des Okkultismus, denen der Verfasser freilich, abgesehen
etwa von der „Gedankenübertragung ohne Stoffesvermittlung"
sehr reserviert gegenübersteht. Die übliche Verspottung
dieser Dinge weist er allerdings entschieden zurück. ^ »Es
ist lächerlich, diese Bestrebungen zu verspotten, wie es
leider unter Deutschen gerade noch so viel geschieht; und
wer gar sich unterfängt zu sagen, diese Dinge „könne es
gar nicht geben", der hat darauf verzichtet, im Kreide Ernsthafter
gehört zu werden. Ganz gewiß „kann" es „alle diese
Dinge" geben, mit denen sich die „Society for Psychical
Research* und ähnliche Grüudungen und viele Einzelpersonen
, wenn auch meist, leider, nicht vorsichtig genug
*) Immerhin scheint mir Driesch nach der Seite des „echten" Pantheismus
hinzuneigen, vergl. die Beurteilung des Theismus S. 347 f.
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