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Kahle: Expressionismiis, Bolschewismus und Geisteskrankheit. 62T
Nun sagen gewöhnlich derartige expressionistische
Künstler, wenn „Laien" ihre Erzeugnisse nicht verstehen
und nicht das darin finden können, was der Künstler in
ihnen sieht: „Ja Euch fehlt eben etwas, was wir besitzen
und deshalb versteht Ihr das noch nicht, wir sind eben
schon weiter entwickelt wie Ihr/ Es fragt sich nur, ob
eine derartig in die Erscheinung tretende Geistestätigkeit
auf ein Plus oder ein Minus der geistigen Anlagen zurückzuführen
Ut Ich glaube nun, daß es sich um ein Minus,
wenigstens qualitativ, in der geistigen Anlage eines Menschen
handelt, wenu äußere Einflüsse derartig krankhafte Vorstellungen
auslösen. Wahrscheinlich sind die Assoziationsbahnen
, die die äußeren Reize ins Bewußtsein bringen, in
irgend einer bisher noch unbekannten Weise gestört.
Nun ist es aber eine Erfahrungstatsache, daß alle Expressionisten
in ihrer politischen Gesinnung ganz links radikal
gerichtet sind und daß die geistigen Führer der Massen,
die weh mit Stolz Bolsehewisten und Spartakisten nennen,
mit ihren bizzareu Menschheitsbeglückungsideen, die hauptsächlich
aus Verneinung bestehen, Verneinung von allem
Verneinung von Gut und Höse, von Recht und Unrecht,
von Tugend und Laster, Verneinung von dem, was allen
übrigen Menschen, einerlei welcher politischen Richtung sie
angehören, von Natur aus heilig ist, Verneinung der Art,
d. h. des Völkischen und selbst Verneinung der Familie,
aus derartigen Künstlerkreisen stammen. Und diese Verneinung
charakterisiert das dritte Hauptsymptom der Katatonie
, den „Negativismus*. Auch diese ausgesprochenen
Geisteskranken verneinen. Sie setzen jeder passiven Bewegung
ihrer Gliedmaßen Widerstand entgegen, sie schweigen,
wenn man sie zum Reden auffordert, sie verstecken sich
unter der Bettdecke, wenn man mit ihnen sprechen will,
tun am liebsten garnichts und führen alle Bewegungen und
Arbeiten nur außerordentlich widerstrebend aus und gehen
nur soweit, als man sie schiebt.
So sehen die „Führer*4 einer „neuen Zeit* aus, die es
wagen, uns mit einer neuen Kunst und mittels Handgranaten
und Maschinengewehren mit einer neuen Kultur, mit dem
.goldenen Zeitalter« beglücken zu wollen. Am Geist kranke,
vom Wahnsinn befallene Menschen, die leider von weiten
Kreisen unseres Volkes noch viel zu wenig ernst genommen
werden. Die große Gefahr ist, daß der expressionistische,
bolschewistische und spartakistische Wahnsinn epidemisch
zu werden droht Nicht die Krankheit als solche ist es,
die ansteckt und sich weiter verbreitet, sondern die Wahnidee
, die der krankhafte Geist ausgebildet hat. Sie ist es
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