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Peter: Der Spuk in Trianon.
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sein pflegten und daß tatsächlich alle Beschäftigungen und Unter-
haltungen sich dort für einen Tag und eine Nacht wiederholten.
Miß Morison berichtete darauf ihre Geschichte. Als sie die Worte
erwähnte, welche der Mann gesprochen hatte und soweit ihr möglich
, dessen Akzent nachahmte, sagte die Freundin, daß dies die
österreichische Absprache des Französischen sei.
Auf Bildern fand Miß Morison, daß die Herren am Hofe damals
einen großen Hut und einen Mantel trugen und die Damen
Leibchen mit faltigen kurzem Schoß, Fich«s und Hüte.....
Miß Lamont begab sich nun am 2. Januar 1902 wieder nach
Petit-Trianon, um neue Nachforschungen anzustellen. Als sie
zum Temple de l'Amour kam, bemerkte sie, daß dies nicht das
Gebäude war, das die beiden Damen im Sommer 1901 gesehen
hatten.
Nachdem sie aber die Brücke überschritten hatte, welche zu dem
Hameau (Weiler) führt, überkam sie die alte Empfindung in voller
Stärke; es war, als ob sie eine Linie passiert hätte und plötzlich in
einen Kreis von Einflüssen getteten sei. Zur Linken sah sie einen
parkähnlichen Grund. Die Bäume waren unbelaubt und dürftig.
Sie bemerkte einen Karren und zwei Arbeiter. Diese hatten kurze
Mäntel mit spitzen Hauben von heller Farbe, eine Art terra-cotta-
rot und dunkelblau. Einer war in Rot, der andere in Blau gekleidet
. „Ich sah mich nur einen Augenblick um, utm den Hameau
zu finden; als ich aber wieder nach den Männern blickte, waren
sie samt dem Karren verschwunden, was mich umso mehr in Erstaunen
setzte, als ich weit umher freie Aussicht hatte. Und doch
hatte ich gesehen, wie sie Reisig auf den Karren luden. Ich fand
auch keine Spur mehr von denselben/'
Noch andere Phänomene ereigneten sich auf dem Wege.
Miß Lamont hörte Rauschen von Seide, Stimmen und das Spiel
einer Musikbande. Zu Hause erfuhr sie, daß an diesem Tage
in dem Parke keine Kapelle spielte. Auch ein Mann erschien in
derselben Kleidung wie die anderen und lief unter den Bäumen
hin. Später fand sie, daß Marie Antoinette am 5. Oktober 1789
das letztemal in Trianon war. Sie saß an diesem Tage in ihrer
Grotte, als plötzlich ein Page gelaufen kam und der Königin
einen Brief des Ministers brachte, der mitteilte, daß der Mob in
einer Stunde vor dem Tor sei. Die Königin wollte in den Palast
zurückkehren, aber der Page hinderte sie daran. Der Zusammenhang
mit dem Phänomen ist nicht klar, aber die Erscheinung behauptet
Miß Lamont bestimmt. Diese merkwürdigen Phänomene,
welche wohl, wie Prof. Hyslop sagt, sogenannte veridike Halluzinationen
gewesen sein mögen, hatten zur weiteren historischen
Forschung angeregt, die ergab, daß die Dinge zur Zeit der letzten
Tage der Marie Antoinette daselbst sich so verhielten.
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