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Peter: Der Spuk in Trianon.
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Schluß: Die Phänomene waren dem Geiste der unglücklichen
Königin und ihren Erinnerungen zuzuschreiben! . . . .
Prof. Hyslop bemerkt hierzu, daß es sich nicht zunächst
darum handle, ob die Hypothese der Damen richtig sei. Die Erzählung
sei eine der merkwürdigsten, die er je gelesen habe, schon
aus dem Grunde, weil sie vollkommen glaubwürdig erscheint.
Hyslop glaubte anfangs, die Erzählerinnen hätten eine Satire der
psychischen Forschung geschrieben, aber in der Vorrede zu dem
Buche wird die Wahrheit der Erlebnisse ausdrücklich betont. So
blieb nur Hallzination als einzige Theorie, und diesen Standpunkt
vertritt auch Professor Schiller, welcher das Buch in den „Procee-
dings der englischen Gesellschaft für Psychische Forschung" be-
sprochen hat.
Es ist sehr natürlich, daß die Erzählung Verdacht erregt,
denn „wenn sie mehr als reine Phantasie ist, dann liegt hier ein
Beispiel giganiischer Materialisation vor**, bemerkt Prof. Hyslop.
Nun kommt ein überraschender Umstand hinzu: es haben andere
in Versailles ähnliche Erfahrungen gemacht wie Miß Lamont und
Miß Morison! Es geschah dies, ehe die Erzählung der beiden
letzteren bekannt war. Wir haben also eine Art „Kreuzbeweis**,
der die Möglichkeit „veridiker Halluzinationen** und die allgemeine
Idee von Spukorten noch näher rückt. Es war im Mai 1914, als
Mr. und Mrs. Crooke und Mr. Stephan Crooke die Damen Lamont
und Morison besuchten und ihnen ihre Erlebnisse in Versailles erzählten
, nachdem sie das Buch der Damen (1911 veröffentlicht)
gelesen hatten. Hier seien nur folgende Einzelheiten mitgeteilt:
Im Jahre 1908 sahen sie Leute, die sie sich nicht erklären
konnten. Mr. Crooke sah später das Landhaus, welches Miß
Lamont in ihrem Bericht erwähnt, mit Leuten in altmodischen
Kleidern, welche aus dem Fenster blickten. Aber er konnte es
nicht immer sehen; es erschien und verschwand und erschien wieder
in sonderbarer Weise.
Im Jahre 1908 hatten die obengenannten Crooke's die Lady. -
welche Miß Lamont beschrieb, zweimal gesehen. Es war beide
.Male im Juli und in Grand-Trianon. Das erstemal saß sie im
Garten dicht bei der Glaskolonnade auf einem niederen Stuhl bei
einer grünen Bank. Letztere ist nicht mehr dort, sondern nur Kies
und Blumenbeete. Das zweitemal war sie unter der Ballustrade,
von welcher aus mian von Grand-Trianon zu dem Kanal blicken
kann. Bei beiden Gelegenheiten war die Dame in einem hellen
Kleid, mit weißem Ficbu und trug einen weißen Hut ohne Putz.
Das Kleid war reich gefaltet und umfloß in großem Umfang die
Dame. Beide Male schien diese zu zeichnen; sie schaute sonderbar
auf ein Papier, das sie in einiger Entfernung von sich hielt,
wie um die Zeichnung zu beurteilen. Mr. Crooke, selbst Maler,
hatte neugierig nach dem Papier gesehen, aber obwohl die Lady
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