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Ulig: Es ist etwas Wunderbares um das Sterben. 125
50—60 cm, seine Farbe war errausehwarz, die Flügel hatten
goldene Ränder, die Augen gfänZten wie golden, lin kühler
Luftzug begleitete die Erscheinung wie ein wehender Wind,
obgleich Fenster und Tür geschlossen und die Luft draußen
ganz still war» Da der Falter direkt auf R. zuflog, sprang
dessen Schwester von ihrem Stuhl auf und schlug mit der
Hand nach ihm hin, um ihn zu verscheuchen. Sie traf ihn
aber nicht, da er sich plötzlich in einen weißlichgrauen Nebel
auflöste, der nach einigen Sekunden verschwand. Der Bruder
fragte: „Hast du ihn gesehen?" Die Schwester erwiderte:
„Wen denn?* Der Bruder gab zurück: „Den schwarzen
Kerl, der zu mir herein wollte. Jetzt weiß ich gewiß, daß
ich nimmer gesund werde, jetzt machst du mir nichts mehr
weis. Aber mich kriegt er nicht/ Weiter wurde nicht mehr
gesprochen.
Die Schwester vermied es, auf die Äußerungen des
Bruders einzugehen, da ein Jahr zuvor einer Schwester
am Morgen ihres Todes ebenfalls durch einen Falter die
Todesbotschaft gebracht worden war. Diese sagte an dem
genannten Tage früh um halb sechs Uhr zu einer ihrer
Schwestern, die nach ihr sah: „Heut war auch schon einer
bei mir," worauf die Schwester fragte: „Wer denn, B,.?"
„Nein, „gab die Kranke zurück, „es ist ja noch so früh. Ein
großer dunkler Falter ist zu mir gekommen, jetzt weiß ich
gewiß, daß ich sterben muß." Sie starb denn auch tatsächlich
am gleichen Tage nachmittags 2 */4 Uhr.
In den beiden letzten Fällen wird die Kritik wohl einwenden
, daß eine Täuschung vorliege, daß wohl irgend ein
bewegter Gegenstand einen Schatten geworfen habe, der
dann für einen Schmetterling gehalten worden sei. Diesem
Einwand gegenüber kann Fräulein R. geltend machen, daß
sie selbst sofort nach dem mysteriösen Erlebnis alle Möglichkeiten
einer Selbsttäuschung nachgeprüft, aber gefunden
hat, daß keine vorlag. Der Falter war gegen das Licht
geflogen, ein trügerischer Schatten hätte sich vom Lichte
weg bewegen müssen; er wurde von zwei Personen gleichzeitig
wahrgenommen und war so klar in Form und Farbe,
daß er nicht mit einem schattenhaften „Etwas" auf eine
Stufe gestellt werden kann. Dazu kommt noch der besondere
Umstand, daß das Phänomen mit dem Gefühl der sehr
deutlichen Wahrnehmung eines kühlen Luftzuges verbunden
war, was für den Okkultisten das deutlichste Merkmal für
einen realen Vorgang ist. Dieses Merkmal mußte nicht erst
erfragt werden; es war so eindrucksvoll mit der Erscheinung
verbunden, daß das sehr nüchterne und klare Fräulein
.A.., das vom Okkultismus keine Ahnung hat, es von selbst
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