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Kurze Notizen. 133
lung bewußt zu sein, doch stets einen unüberwindlichen Abscheu
beim Anblick des Stumpfes ihres Mannes zu empfinden. Es ist dies
ein deutlicher Beweis von der Wirkungskraft der Imagination und
ist vorauszusetzen, daß bei der Fortdauer dieses Abscheues die
kommenden Kinder ebenfalls dieses Stigma erhalten werden. Der
Herr ist ein mir gut bekannter Privatbeamter in einer Fabrik.
N. Graf Logothetti, Wels, Oberösterr.
d) Der „Herzschlag" der Pflanze. Den Pulsschlag der Pflanzen
hat ein indischer Gelehrter Jagadis Chandra Bose gemessen,
der in seinem berühmten Untersuchungsinstitut in Kalkutta die
experimentellen Methoden der modernen Naturwissenschaft mit
dem hingebenden Verständnis des Inders für das Leben der Natur
vereint. Wie er in einem Vortrag in der Britischen Akademie der
Wissenschaften ausführte, ist es ihm gelungen, mit von ihm konstruierten
feinsten Apparaten das Wachstum der Pflanzen zu messen
und ihre Reaktionen auf jeden äußeren Reiz zu beobachten. „Es
gibt einen Pulsschlag in bestimmten Geweben der Pflane, so wie
es bei den Tieren den Herzschlag gibt", sagte er. „Die gleichen
Wirkungen können durch Reizungen und Gifte in Tieren und Pflanzen
hervorgerufen werden, und auch der Todeskampf vollzieht sich
bei beiden in gleicher Weise. Die Pflanzen besitzen sogar eine
feinere Sensibilität als tierische oder menschliche Wesen, und die
Art, wie sie auf äußere Reize antworten, wird von dem Inder mit
einem drahtlosen Empfangsapparat verglichen. Bose hat Instrumente
erfunden, auf denen die Pflanzen automatisch die von ihnen
nach Reizungen ausgeführten Bewegungen aufzeichnen, sowie auch
ihr Verhalten unter veränderten Bedingungen der Umgebung.
Diese Apparate registrieren außeroidentlich geringe Bewegungen.
So hat er festgestellt, daß die Bewegung einer Schnecke etwa
6000mal schneller vor sich geht, als die Wachstumsbewegung in
einer Pflanze, die durchschnittlich den millionsten Teil eines Zolls
in der Sekunde beträgt. Der „Crescograph**, mit dem das Wachstum
der Pflanze gemessen wird, würde die Bewegung einer
Schnecke mit einer Schnelligkeit von 200 Millionen Fuß die Stunde
zeigen. Die Messungen des Pulsschlages der Pflanzen ergaben,
daß die von der Pflanze dabei ausgeführten Bewegungen den
hunderttausendsten Teil eines Zolles in der Sekunde ausmachen.
„Es gibt nichts im Tier", erklärte Bose, „das nicht in der Pflanze
vorweggenommen ist. Bringt man eine Pflanze in ungünstige Bedingungen
, etwa in heißes Wasser, dann kämpft sie eine Zeit und
stirbt, und dieser Todeskampf vollzieht sich in derselben Weise wie
beim Tier.** Der indische Gelehrte hat seine Versuche auch auf
die unorganischen Stoffe ausgedehnt und gezeigt, daß sich auch
bei den Metallen Reaktionen auf Reize und Ermüdungserscheinungen
wissenschaftlich feststellen lassen.
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