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Kaindl: „Zurück zu KantA
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Augenzeugen genannt. Die zweite, jüngere Lesart ist also offenbar
zum mindesten eine freie dichterische Bearbeitung des
Stoffes. Das ganze Vorkommnis wird wohl, wie bei Cazottes
Vorgesicht, einer genauen historischen Prüfung nicht standhalten.
In den zahlreichen Werken über Visionen und Geistererscheinungen
aus der Zeit vor 1810 habe ich keine Andeutung des Geschehnisses
finden können. Jung-Stilling hätte es sich in
seiner „Theorie der Geisterkunde" (1808), in der er auf Swedenborg
und C a z o 11 e ausführlich eingeht, gewiß nicht entgehen
lassen, wenn er es gekannt hätte. Vielleicht nimmt sich
ein Interessent die Mühe, Nachforschungen nach dem angeblichen
Protokoll im schwedischen Reichsarchiv anstellen zu lassen. Inzwischen
wird man Richard Hennig („Wunder und Wissenschaft
", 1904, S. 230) recht geben müssen, der darin ein „vatici-
nium post eventum" sieht, das erst nach Eintreffen des voraus-
geschauten Ereignisses, d. h. also nach 1792, entstanden sei und
als Fälschung angesehen werden müsse. *)
„Zurück zu Kant".
Unter dieser Überschrift erhielten wir von unserem hochgeschätzten
Mitarbeiter A. Kaindl, (dat. Linz, 8. März 20) die nachfolgende
Einsendung, die wir, ohne ihm in allen Punkten dieser
Polemik beistimmen zu können, hiermit dem Urteil sachverständiger
Leser unterbreiten.
Im Heutigem erlaube ich mir, Ihnen ein kleines, aber gehalt-
volles Manuskript eines gründlichen Kenners der Kanfsehen
Philosophie, des Herrn Dr. Joseph Spindler, (Rechtsanwalt i. R.
in Linz) mit der Bitte um baldige Veröffentlichung in den „Psych.
Studien" einzusenden. Es sind sozusagen kritische Randglossen
zu dem im Septemberheft der „Psych. Stud." v. J. erschienenen
Aufsatze von Dr. Pick „Zurück zu Kant". Dieser Artikel, der
in etwas dogmatischem Geiste geschrieben ist, fordert den Widerspruch
geradezu heraus. Der entfachte Widerspruchsgeist führte
aber gleichzeitig zu Meinungsdifferenzen, die auszutragen, wir uns
*) Herr Dr. Henrißirven, Berlin NW. 23, Holsteiner Ufer 18,
schreibt uns hierzu noch, dat. 7. Mai 20: „Ich sah vor kurzem in einem
Heft der Psych. Studien einen Abdruck der sog. Vision Karls XI. Da
der betreffende Einsender nichts Genaueres über diese Sache zu wissen
scheint, möchte ich mir gestatten, mitzuteilen, daß ich als Kriegsgefangener
in Sibirien in einer russischen Zeitschrift eine längere Abhandlung
tber Visionen u. dergl. gelesen habe, in welcher auch diese
Vision Karls XI. wörtlich wiedergegeben war. Als Quelle gab der Verfasser
an: „Königs Karl des Xlten Gesicht Dialoge über Visionen u.
Vorgeschichte, 1808." Also ein deutsches Buch, aber ohne Erscheinungsort
. Nach Hennig, Wunder u. Wissenschaft. S. 230 steht der Bericht
auch in Horst, Deuteroskopie, II*, S. 175 ff."
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