Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
47. Jahrgang.1920
Seite: 350
(PDF, 183 MB)
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350 Psychische Studien. XLVIL Jahrg. 7. Heft (Juli 1920.)

ger Beobachter hätte auf den Gedanken kommen können, in ihr
ein Stück wohlüberlegter Kriegspoesie zu sehen, »die in stimmungsvoller
Weise das Geheimnisvolle und Unheimliche als Kunstmittel
verwendet, wie es Romantik und Schicksalsdichtung geübt
haben, allein für den Kenner trägt der tragische Bericht — von
der schöngeistigen Aufmachung abgesehen — die deutlich lesbaren
Züge der inneren Wahrheit. Ich lasse ihn hier folgeif:

»Der Dolch. Wenn ich an meinem Schreibtisch sitzend auf die
♦ gegenüberliegende Wand sehe, so fällt mein Blick auf die alte
Laute, die als einziger Schmuck dort hängt. Von ihrem schlanken
Halse hängen Bänder herab — der Sangeslohn schöner
Zeiten; einige verblichen und unansehnlich, einige in frohen
Farben aus nicht fernen Tagen.

Von den Schleifen halb verdeckt, hing vor einiger Zeit ein
Dolch neben dem Instrument. Kein fremdländisches Prachtstück,
das zur Zierde dient, ein roh gearbeiteter Stahl, wie ihn die Not
des Krieges schuf, in stählerner, zerbeulter Scheide, ein sogenanntes
„Stochodmesser" die Nahkampfwaffe der österreichischen
Sturmtruppen.

Ehe mein Freund ins Feld ging, hatten wir oft die alte Laute
vom Nagel genommen und zu ihren Klängen gesungen. Seit er
gegangen war, hing sie an der Wand, und als mein lustiger
Kamerad vom ersten Fronturlaub wieder einrückte, hing neben
der Laute jener Dolch. Manchmal zog ich ihn blank und betrachtete
die mattglänzende, breite Klinge, die an der Spitze eingerostete
dunkle Flecken aufwies.

Ein unheimliches Ding, dieses Messer. Wenn man sich vorstellt
, wie es einem Menschen in die Rippen fährt, daß das weiche
Fleisch einen zischenden Laut vernehmen läßt, während die
Schneide am Knochen kratzt und das Blut spritzt, so läuft es einem
kalt über den Rücken. Der Dolch hat schon Blut getrunken, und
ich habe einmal gehört, daß solch eine Waffe dann lebendig wird
und eine Seele bekommt.

Einmal bemerkte ich im Abenddämmern, als ich eben in das
Zimmer trat, wie die Lautenbänder leise sich bewegten und einen
Augenblick lang die Waffe halb aus der Scheide kroch, daß mich
die Klinge drohend und höhnisch anblitzte. Ich war erschrocken
damals auf die Wand zugetreten — da stak das Messer wie immer
in seiner rostigen Hülle, nur die Lautenbänder schwankten noch
— ich wußte nicht, ob durch die Bewegung des Dolches oder durch
einen Luftzug. Zur letzten Ansicht neigte ich mehr, weil ich im
allgemeinen an Spuk nicht glaube und weil durch die Saiten des
Instrumentes ein leises Klingen lief, zart wie ein Hauch — ähnlich
dem, das ich oft gehört hatte, wenn ich mit der Laute im
Abendwinde im Freien ging. —


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