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Bode: Zur Lösung des Menschenrätsels.
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IL
Für die folgende Untersuchung des natürlichen oder phyle-
tischen Ursprungs der Seele ist es zunächst wichtig, daß wir
unter „Urzeugung" (Abiogenesis, generatio spontanea seu aequi-
voca, Archigonie) mit E. Haeckel verstehen die Entstehung von
lebendem Plasma aus anorganischen Kohlenstoffverbindungen.
Haeckel unterscheidet dabei 2 Hauptperioden: „I. Die Entstehung
von einfachsten Plasmakörpern in einer anorganischen
Bildungsflüssigkeit und IL die Individualisierung von primitivsten
Organismen aus jenen Plasmaverbindungen in Form von
Monere n."
In bezug auf die eigentlichen Lebensvorgänge innerhalb der
Zelle sagt Dr. Raphael Levi in Heft I (Okt. 1911) des „Türmer"
unter der Überschrift: „In den Werkstätten des Lebens" folgendes
: „Schon äußerlich einander ähnlich, innerlich einander vollkommen
wesensgleich, labsen die Zellen gar keinen Grund erkennen
, warum nicht aus einem Hühnerei eine Gans und aus
einem Gänseei ein Huhn ausschlüpfen sollte. Daß das aber niemals
geschieht, zwingt uns, unsere Ansicht, die wir bisher von
der Zelle hatten, doch etwas abzuändern. Wenn nämlich das,
was wir als ihren wesentlichsten Bestandteil auf Grund unserer
Beobachtungen ansehen mußten, wirklich ihr Wesen ausmachen
würde, so müßte aus jeder Zelle dasselbe Wesen entstehen
. Da aber der Frosch immer Frosch bleibt und der Löwe
immer Löwe, muß außer Chromatin, Kern und Plasma noch etwas
in der Zelle wirken, wras biologisch erst ihr Wesen und Charakteristikum
bestimmt. Dieses „Etwas" ist tatsächlich vorhanden
. Es sind Kräfte. Kräfte können wir nicht sehen, sie stehen
über Raum und Zeit. Daher kommt es auch, daß Dinge so gewaltiger
Beschaffenheit in der kleinen Zelle genügend Platz
finden. Es ist der Schöpferwille,....."
Daß diese auffallende Verschiedenheit der physikalischen
Eigenschaften bei gleicher chemischer Beschaffenheit auch schon
in der anorganischen Welt vorkommt, zeigt das bekannte Schulbeispiel
vom Graphit und Diamant. Das gleiche ist bei Kreide
und Marmor der Fall. Nach Leiser („Die Weit der Kolloide")
war die Wissenschaft durch diese auffallende Tatsache gezwungen
, zu folgern, „daß ein Körper dann noch nicht eindeutig
bestimmt sein könne, wrenn man lediglieh seine substanzielle
Zusammensetzung festgelegt hatte. Daß die Betrachtung der Welt
nur vom Standpunkte der Materie,.....einseitig sei und ihren
Inhalt nur unvollkommen umsehreibe —„Wenn man nun
Kreide und Marmor erschöpfend charakterisieren wollte, so mußte
man mithin versuchen, bis an das Wesen der Materie selbst her-
unterzudringen, um nicht bloß die zahlenmäßige Art und Gattung
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