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Schlegel: Kant, Bilharz, Einstein.
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okkulten Erscheinungen nicht wissenschaftliche Entdeckungen
verborgener, sondern normale Kräfte des
Menschen, die sich ausbilden und ausnützen lassen und
mittels derer die Toten ihr Weiterbestehen beweisen können.
Ihre Einführung ist eine Wiederbelebung modernster
Form jener alten Nekromantie und schwarzen Magie,
weiche von den unzivilisiertesten und teilweise zivilisierten
Rassen früher ausgeübt wurde und noch wird.
Also der anglikanische Dechant und der römisch-katholische
Laie sprechen, bezw. schreiben beinahe zur selben Zeit, unabhängig
voneinander, von den okkulten Erscheinungen als
der wiedererstandenen Nekromantie! Und der Priester Liljen-
crants ist ja nicht weit entfernt davon. Man sieht also wieder:
Im großen und ganzen hat die Kirche offiziell und haben ihre
Mitglieder ihre Meinung nicht geändert. Die Tatsächlichkeit
der mediumistischen Erscheinungen ist nicht zu leugnen. Da
die Medien aber keine Heiligen sind, so bleibt nur der Teufel
als Urheber übrig. Auch die Mitgliedschaft der hochansehnlichen
British S. of P, R. schützt vor Wahn nicht.
Kant, Bilharz, Einstein,
Von Emil Schlegel, praki Arzt in Tübingen.
Daß im Räume und in der Zeit subjektive Anteile stecken, ist
ja schon von Kant erarbeitet. Nach ihm sind beide nur Formen
unserer Anschauung. Dies mußte jetzt Einstein von anderer
Seite her entdecken. Die Relativitätstheorie ringt mit dem
Problem der Wirklichkeit, indem sie die subjektiven Anteile auszuscheiden
bestrebt ist. Sie findet als objektiven Rest das physikalische
Maß gegenüber dem geometrischen. Wenn das physikalische
Maß Anspruch auf objektive Geltung hat, könnte man
auf den Gedanken kommen, daß hier das „Ding an sich" gefunden
sei. Wie verhält sich dazu Kant? In einem gegebenen Erkenntnisakt
, z. B. einer raumzeitlichen Feststellung von Bewegungen, ist
der Anteil des Denkens für uns zuerstgegeben; das Sein
des ganzen Komplexes jedoch ist das zuerst Existierende.
In dem Erkennen grenzen Sein und Denken aneinander, weil sie
einen Akt ausmachen. Das Denken hat also eine Seinsgrenze
(Bilharz), und diese ist beiden gemeinsam. Das „Ding an sich"
ist durch eben diese Seinsgrenze bestimmbar und relativ erkennbar
. Es war ein Mangel in der Kantschen Philosophie, diese
Möglichkeit einer Metaphysik zu übersehen und man muß
auf sie zurückzukommen. (Bilharz.)*) Einstein, der gar nicht von
*) Alfons Bilharz, Die Philosophie als Universalwissenschaft Wies-"
baden 1912. Der Verfasser, Geh. Sanitälsrat Dr. Bilharz, lebi noch ia
Sigmaringen.
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