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Kurze Notizen.
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friedigung — mit meiner Überweisung zum „Landsturm I m. W/'.
Damals gab es ja noch die auch wenig beliebte Aushebung zur
„Ersatzreserve mit Übung". Das war mir also erspart geblieben
und ich war für das Militär „so gut wie tot", da ich in keinen Listen
mehr geführt wurde, keinen Kontrollversammlungen unterlag usw.
Militärisch nicht vorhanden! Ein für mich damals freudig erhebendes
Gefühl, das mit einem Festmahl im Kreise guter Freunde
fröhlich gefeiert wurde. Einige Zeit nachher — wie lange, das
habe ich nicht beachtet — träumte ich, daß mir vom Bezirkskommando
(oder einer anderen, jedenfalls aber militärischen Behörde)
eine Offiziers(!)-Uniform zum Gebrauche für mich (in einem
Koffer oder Karton) zugeschickt wird. Ich wundere mich darüber
, daß es eine Offiziersuniform ist, da ich doch nicht gedient
habe, und also nicht militärisch ausgebildet bin. Ich lehne es daher
auch innerlich ab, die Uniform anzuziehen, da ich ja nicht
einmal Vorgesetzte zu unterscheiden wüßte und auch nicht weiß,
wie sie zu grüßen sind. Deshalb lasse ich auch die Uniform in
ihrem Behältei! Es ist eben ein Traum, wertlos, wie man so viel
unsinniges Zeug zusammen träumt Aber — nun kommt das Eigenartige
. Der Traum wiederholt sich in gleicher Ausführung und
Anordnung. Er wiederholte sich des öfteren — die Perioden habe
habe ich leider nicht festgestellt, denn es war ja nur Traum —, so
daß ich schließlich aufmerksam wurde und meinen Angehörigen
Mitteilung davon machte. Er wiederholte sich bis zum Anfang
des Krieges und erschien nun um so bedeutungsloser, ja unsinniger
, als hier in A. am 3. Mobilmachungstage 1914 der ungediente
Landsturm sofort aufgerufen wurde. Ich wurde am 15. März 1915
zu den Pionieren ausgehoben und hatte nunmehr die schöne Aussicht
, als Muskote ausgebildet zu werden, aber nicht Offiziersuniform
tragen zu können. Meinen wiederholten Einberufungs-
ordern als Rekrut wurde durch Reklamationen meiner vorgesetzten
Dienstbehörde, die mich als unabkömmlich bezeichnete, begegnet
. Also immer noch weniger Aussicht auf Offiziersuniform.
Da kam das Zivildienstpflichtgesetz und in kausalem Zusammenhange
mit der Durchführung desselben hob sich meine Unab-
kömmlichkeit in meinem Zivildienst von selbst auf. Jetzt wurde
mir — seitens meines dienstlichen Vorgesetzten — im März 1917
der Rat erteilt, mich nach Spandau zu einem dortigen neuen Unternehmen
im Sinne des Hindenburgprogramms zu melden, da ich
dort dem Vaterlande bessere Dienste leisten könne, als wie als
43jähriger Rekrut. Ich folgte dieser Weisimg und wurde auch umgehend
am 15. März 1917 dort angenommen und eingestellt. Als
ich einige wenige Wochen dort tätig war, wurde das bisher nichtmilitärische
Unternehmen den militärischen Instituten in Spandau
angegliedert, also selbst ein militärisches Institut. Ich wurde für
die Zeit des Kriegszustandes zum höheren Militärbeamten ernannt,
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