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Colsman: Zur Frage des Spiritualismus.
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führt, daß er nichts berührt, erhebt und befreit, daß er furchtbar
und hoffnungslos ist."
Fragt sich nur, ob Maeterlinck hier ganz richtig sieht und
urteilt und ob die an sich ja herzlich bedeutungslosen Einschränkungen
, die er macht, nicht anders begründet und erklärt werden
müssen, a1 > er es tut mit den Worten (a. a. 0. S. 220):
„Das ßjwußtsein des Mediums, durch den Tiancezustand noch
umwölkt, aber das einzige, das unsere menschliche Spiache besitzt
und sich verständlich machen kann, faßt sogleich, und zwar
fast ausschließlich, das auf, was es am besten versteht und was
ihm am interessantesten dünkt von den erstickten und verstümmelten
Offenbarungen unseres fremden Gastes, der seinerseits mit
den Toten und Lebenden und allem Seienden in Verbindung steht.
Der Rest, der allein von Belang, aber weniger deutlich und
lebendig ist, da er von weither kommt, bahnt sich nur ausnahms-
weise einen mühsamen Weg durch nichtssagendes Geschwätz/'
Maeterlinck führt das des näheren dann aus, indem er sich auf
eine Lehre des Unbewußten stützt, die m. E. heutiger Erkenntnis
nicht mehr gerecht wird. Aber auch abgesehen davon ist seine
Erklärung nicht überzeugend, und insbesondere scheint mir sein
Versuch, für „das Geschwätz" das Oberbewußtsein des Mediums,
das doch meist im sog. Trance vollkommen ausgeschaltet ist,
hauptsächlich verantwortlich zu machen, nicht glücklich. Wie aber
das unbezweifelbare häufige Geschwätz in Wirklichkeit zustande
kommt und zu beurteilen ist, ist vielleicht nicht so sehr schwer zu
erkennnen, wenn man nur das* Unterbewußtsein ganz als das und
nur als das anspricht, was es in Wirklichkeit ist.
Immerhin müssen wir auch hier sondern und scheiden, wrenn
ich richtig urteile, und zwar scheiden das kranke Unter- und
Oberbewußtsein vom gesunden, das hysterische Medium von dem
leiblich, geistig, sittlich in vollkommenem Gleichgewicht befindlichen
. Denn bei ersterem sind die Persönlichkeitsabspaltungen
des Unterbewußtseins offenbar sehr häufig reine Zersetzungsprodukte
einer kranken Geistigkeit, die sich mehr oder weniger
charakteristisch äußern und oft mit erstaunlicher Folgerichtigkeit
und Gewandtheit die erbaulichsten oder auch läppischsten Rollen
spielen, sich um irgendeinen Erinnerungskomplex kristallisieren,
der ins Unterbewußtsein des oder der Kranken herabgesunken ist.
Dr. med. C. G. Jung, seiner Zeit erster Assistenzarzt an der
psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich, hat Fälle dieser Art
anschaulich in seiner Schrift „Zur Psychologie und Pathologie"
(Leipzig 1902) zur Darstellung gebracht, und jeder Irrenarzt wird
nicht in Verlegenheit um ähnlichen Stoff sein. Auch das an sich
nicht unbedeutende Medium Elisabeth v. Pribytkoff, deren Schicksale
ihr Gatte, der Admiral v. Pr., in seinen Memoiren (Leipzig
1903) schildert, war zweifellos eine hochgradige Hysterische, und
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