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Bode: Zur Lösung des Menschenrätsels
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gleichsam um eine Selbstladung der seelischen Materie (des
„Psychoplasmas", der „Seelenzellen"..., der Ganglienzellen)
mit Empfindung*- oder Vorstellungseindrücken. Das gleiche
würde auch von den Ganglienzellen des vegetativen Systems
gelten.
Jede Empfindung (bzw. Reizung) hinterläßt — gemäß dem
* Zurücktragungsprinzip der Entwicklungslehre — schon bei den
einfachsten tierischen Lebewesen in der seelischen Materie derselben
eine mehr oder weniger dauernde Beeindruckung oder
„Affektion", genannt „Vorstellung".*) Es findet also primär
gleichsam eine fortgesetzte Selbstladung der seelischen Materie
(des Psychoplasmas", der „Seelenzellen",. .. der Gehirnganglienzellen
) mit Vorstellungseindrücken statt.
Diese primär aufgenommenen Vorstellungen bilden bei den
höheren Tieren und dem Menschen ein einheitliches „zentralisiertes
" dynamisches System („Vorstellungsleben"), — entsprechend
der hier bestehenden „individuellen" Konzentration der
seelischen Materie.
Das Bewußtsein ist ein Zustand der „individuell" konzentrierten
seelischen Materie neben anderen Zuständen derselben. Das
eigentliche Subjekt des menschlichen „In-dividuums" gehört
merkwürdigerweise gar nicht diesem einzelnen Wesen an, — denn
es ist die allen lebenden Wesen gemeinsame und selbst in den
anorganischen Stoffen verbreitete seelische Weltmaterie oder
Weltkomponente. Das „transzendentale Subjekt" ist bloß eine
„individuelle" Konzentration oäer — grob gesagt: Verdichtung der
seelischen Weltmaterie.
Früher war es ein Rätsei und vorn Standpunkt der Spiritualisten
die höchste Kelzerei, sich vorzustellen, daß die menschliche Individualität
(„Personalseele") im Mutterleibe entstehen
könne. War es doch einer der besten Berufungsgründe der
Metempsychose, daß das beseelende transzendentale Subjekt oder
Ich des Menschen als eine „In-dividualität", als ein den Tod des
Leibes überdauerndes unteilbares Wesen nicht auch
zugleich als Ich (bzw. Ich-Hälfte) des Kindes sedne Fortsetzung
haben könne. Eine solche Teilung oder Abzweigung eines
„Unteilbaren" nach dem beistehenden Schema: ^nd
schien schlechterdings undenkbar. Mutter
Heute macht uns das kein Kopfzerbrechen mehr, denn das Ich
oder seelische Subjekt des Kindes ist nichts anderes als eine —
physisch durch die Stammzelle bzw. die bezügliche elterliche Generationszelle
repräsentierte „individuelle" oder persona-
mäßige**j Konzentration der allgemeinen seeli-
*) Selbstverständlich kann die Vorstellung auch als Nachwirkung
der Empfindung in der seelischen Materie aufgefaßt werden.
**) Das Wort „persona" im Sinne HaeckeFs verstanden!
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