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Tietzel: Die Unzulänglichkeit der ideoplastischen Hypothese* 569
ganz besonders starke, materielle Widerstände zu überwinden, da
sich die „Geisteswesen" eines ihnen fremden Organismus, der
organischen Substanz des Mediums, bedienen müssen, um sich
sichtbar zu materialisieren. Infolge dieser Widerstände ist es
auch sicherlich schwer, diese Materialisationsgestalten zu identifizieren
. Doch wer die gesamten Phänomene des Okkultismus in
seiner Literatur verfolgte, wird erkennen, daß trotzdem viele Identitätsbeweise
vorliegen. Daß bei den typtologischen Mitteilungen
oder auch bei den schriftlichen Mitteilungen der sog. Sehreib-
nvßdien nicht alle Mitteilungen aus dem Unterbewußtsein des
Mediums und der Anwesenden fließen, dafür nur ein persönliches
Erlebnis eines Bekannten von mir, das er mir erst vor kurzem erzählt
hat. Die Schwester des Bekannten, die sich schon längere
Zeit mit okkulten Dingen beschäftigte und mediale Anlagen zu
haben scheint, erhielt einmal auf Befragen, was ihr älterer Bruder
zur Zeit im Felde treibe, die mechanische Schreibantwort, daß er
in Kolmar in einem Cafe sitze, sich mit einigen Damen unterhalte
etc. Der ältere Bruder der Schwester war nämlich bei der Fliegerabteilung
in Kolmar stationiert; doch konnten die Schwester, die
noch anwesende Mutter und einige andere verwandte Personen
nicht wissen, daß der besagte Bruder gerade heute an einem
wunderschönen, sonnigen Tage in der Stadt weile. Im Gegenteil
vermuteten sie ihn außerhalb der Stadt auf einem Übungsflug,
eben wegen des schönen Wetters. Sie zweifelten alle an der
Richtigkeit der Antwort, aber teilten sofort ihrem Bruder Datum
und Stunde genau mit und erhielten die das Staunen ausdrückende
Antwort des Bruders, daß alles genau stimme. Einzelheiten mitzuteilen
, unterließ ich wegen der Kürze des Raumes, sie können aber
gemacht werden. Eine animistische Erklärung ist hier ausgeschlossen
. Wenn man aber bei den typtologischen Mitteilungen,
beim medialen Schreiben eine fremde geistige Kraft annehmen
muß, so muß man billigerweise auch annehmen, daß ein fremder
Psychodynamismus bei den Materialisationsphänomen mitwirkt, da
typtologisches Verfahren und Materialisationen verbunden sind.
Wenn man a lies in der okkulten Literatur verfolgt uud miteinander
vergleicht, so kommt man immer wieder auf die spiritistische
Hypothese, da sich zahlreiche Übereinstimmungen ergeben
, Übereinstimmungen aber auch mit dem persönlichen
Erlebnis. Wenn man freilich über „Okkultismus*4 schon aburteilt
, ohne sein wichtigstes Phänomen (Materialisation) nur erst
untersucht zu haben, wie es Dr. Böhm tut, so kann es noch lange
dauern/bis in Deutschland die Erkenntnis der Wahrheit durchdringt
und die Menschen .,frei macht", besonders audi, wenn die
Presse nur Gegnern des Spiritismus ihre Spalten öffnet.
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