http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1920/0622
608 Psydhüschia StudiLem. XLVII. Jaiburg. 12. H«tft. (Dezember 1920.)
außerordentlich treffende Beschreibung der Dame sowohl der
äußeren Erscheinung nach als auch ihrem Charakter, ohne den
Brief gesehen zu haben. In bezug auf die Aszendenz von Herrn
Dr. S. meinte er, daß irgendeine Blutmischung stattgefunden
haben müsse, nach einigem Besinnen hinzufügend, es müsse wohl
ein Türke gewesen sein. In der Tat ist in der Aszendenz der
Großmutter mütterlicherseits ein Türke vorhanden, was Aub
weder wissen noch auch aus dem Äußern des Herrn erschließen .
konnte. Wie auch sonst oft machte Aub außerdem auffallende
Angaben über die Schulverhältnisse und die Noten im Physikum.
Einem andern Arzte, Herrn Dr. med. S., verdanke ich folgende
Mitteilungen: Während Aub von meinen Nebenirteressen sprach,
sagte er plötzlich nach einigem Tasten mit großer Bestimmtheit:
„Sie haben ungemein große Vorliebe für Innendekoration. Ein
gemütliches Heim haben Sie sich geschaffen mit alten Möbeln.
Ich sehe ein besonders gemütliches Zimmer, in dem Sie sich am
liebsten aufhalten. Und dann, dann sehe ich irgendwo in ihrer
Wohnung ein sehr großes Bild, ein Ölbild aus der Zeit Albrecht
Dürers, in wunderbaren Farben, Ihr Stolz, Ihr kostbarster Besitz."
Die vertrauenswürdige Dame, die den Herrn bei Aub angemeldet
hatte, ohne seinen Namen zu nennen, versichert, daß *ie nichts über
die Person des Herrn und Einzelheiten der Wohnung, in der in
der Tat ein schönes, venetianisches Bild des 16. Iahrhunderts das
Hauptwertstück ist, gesagt habe. Auch die Charaktereigenschaften
des Herrn gab Aub „erschöpfend und richtig" an. Weiter schreibt
Herr Dr. S.: Sehr, sehr vieles, was er über die Verwandten von
mir und meiner ihm unbekannten Frau äußerte, traf zu. Doch
so speziell gehalten wie die Sache mit dem Bild war nichts.
Ein Herr Dr. G. teilt mir mit, er habe viel interessante Dinge
bei Aub erlebt, doch sei das meiste ohne Annahme übernormaler
Fähigkeiten erklärlich. Bemerkenswert sei gewesen, daß er über
die Angehörigen eines Freundes sehr treffende Angaben machte,
die er nicht anderswoher wissen konnte, zumal sei die Angabe
auffallend gewesen, die Schwester des Freundes sei sehr viel
sozial tätig. — Die Dame ist wirklich in der Kinderfürsorge beschäftigt
.
Schließlich gebe ich noch den Wortlaut einer Mitteilung wieder,
die mir der Nervenarzt Dr. L. hat zugehen lassen. Et teilt mit,
daß er kürzlich Herrn Aub seit Jahrzehnten zum ersten Male
wieder sah, und fährt dann fort:
, Dem Lest:che ging €dne telephonische Anfrage vorher, weiche
meine Frau beantworten mußte, da ich zur fraglichen Zeit der
Beerdigung einer alten Freundin meiner Familie anwohnte. Dieser
Tatbestand wurde Herrn Aub seitens meiner Frau mitgeteilt
Herr Aub kannte die Verstorbene nicht, hatte nie etwas von ihr
gehört oder gesehen; meine Frau hatte auch keinerlei weitere
Bemerkung über dieselbe gemacht. Trotzdem war Herr Aub
nach sehr kurzem Besinnen in der Lage, folgendes über die Ver~
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1920/0622