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Bode: Zur Lösung des Menschenrätsels. 613
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IL Abteilung.
Theoretisches und Kritisches.
Zur Lösung des Menschenrätsels.
Von Heinrich Bode, Jagenbach (N.-ö.)
(Fortsetzung statt Schluß von Seite 517.)
Die während des Lebens aufgenommenen psychischen Elemente
(der Gruppe II) werden vom Menschen vermittelst der seelischen
Materie seines Keimplasmas mitsamt der überkommenen
phyletischen Erbschaft an Vorstellungen auf die Nachkommenschaft
übertragen, also gleichsam zum psychischen Stammkapital
seiner Generaiionisreihe dazugeschlagen. Es ist nach dem Gesagten
^lar, daß die geistige (intellektuelle) Eigenart eines Menschen
— abgesehen von den im folgenden noch zu besprechenden
individuellen Fähigkeiten — durch sein ererbtes phyletisches
oder Stammeskapital an psychischen Elementen bestimmt wird.
Aber auch der Willens Charakter des einzelnen wird — wegen
der innigen Verbindung des Willenslebens (der „Tropesis") mit
dem Vorstellungsleben (der „Aesthesis") — durch den überkommenen
Ich-Komplex von Vorstellungen mitbedingt —, so gut wie
durch die anderen Schichten des Unterbewußtseins.
Da wir für jede Fähigkeit einen Träger voraussetzen, so nehmen
wir auch — gemäß dem Zurücktragungsprinzip der Entwicklungslehre
— schon für die einfachsten ursprünglichen seelischen
Lebensäußerungen oder Fähigkeiten einen Träger an. Als Träger
derselben wurde in dieser Untersuchung die seelische Materie
bezeichnet. Dieselbe muß als der Träger des spezifischen Bildungstypus
der Zelle, des Zellvereins . . . des Zellenstaates angesehen
werden. Der dem erreichten formalen Typus entsprechende
Vorstellungseindruck der seelischen Materie ist vielleicht
das Wesentliche dessen, was als „Zell-, „Zellvereins"- und
„Histonalgedächtnis" („Mneme") das konservative Prinzip im
cvklischen Leben der Art darstellt. Denn wenn die seelische
Materie der Träger dieses typischen Vorstellungseindruckes ist,
dann muß sie energetisch, als seelische Komponente der organischen
Plastik die cyklische Reproduktion dieses formalen Typus
bewirken, — dann können sich z. B. bei der Zellteilung die
Tochterzellen nur nach diesem Typus bilden. Eine Stütze findet
diese Ansicht in der Tatsache der „Ideoplastik" nach v. Schrenck-
Notzing.
Nach dem Gesagten muß die seelische Materie zugleich das
Prinzip oder der Träger der personalen Einheit der mehr- und
vielzelligen Lebewesen sein, — jener personalen Einheitlichkeit,
welche physisch zum Ausdruck kommt in den Plasmaabdrücken, in
den differenzierten „Seelenzellen", und besonders in dem als
„Nervensystem" bezeichneten seelischen Apparat der höheren
Tiere. Und eben in diesem Sinne müssen wir von der individuel-
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