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6S4 Fsydnisehie Studien. XLVIL Jaihrg. 12. Eell (Deaamber 1920.)
okkulte Werke verleiht; zu tragen hat der Entleiher nur das Hinporto
, einen kleinen Beitrag für Verpackung und das Rückporto.
Das Bücherverzeichnis enthält viel theosophische Literatur, aber
auch eine stattliche Anzahl anderer Werke, wie z. B. von Du Prelr
de Rochas, Schrenck-Notzing, Durville usw. Das Verzeichnis wird
auf Verlangen zugesandt. %
c) Ziveifelhafte Hochschulweisheit. „Über das Problem von Ledb
und Seele und die Unslerblichkeitsfrage" sprach laut „Kieler Zeitung
" Nr. 474 vom 8. Oktober d. J. im dortigen Haus der Landwirte
Universitätsprofessor Dr. Menzel. Ein doppeltes Motiv
komme dabei in Frage, ein praktisches: das Sehnen nach persönlicher
Unsterblichkeit, und ein theoretisches: der Gegensatz
zwischen Körper und Seele, Sinnlichem und Unsinnlichem, Räumlichem
und Raumlosem. Beide Motive führen auf die Frage nach
dem Verhältnis von Leib und Seele: ist die Seele nur eine Funktion
des Leibes oder selbständig? Nach Beleuchtung der Hypothese
von Descartes, welcher der Seele einen Sitz im Mittel-
Mra anwies, der Lokalisationstheorie von Friedrich Gall und der
einseitigen Ansicht des französischen x\rztes und Physiologieprofessors
Flourens (1794 bis 1867: der Druckfehlerteufel
machte in dem Bericht daraus „Fleaurains"!), der annahm, daß die
Großgehirnhälften das eigentliche Organ des Geisteslebens seien und
daß Wille und Intelligenz in genauem Verhältnis zu ihnen ständen,
bezeichnet Redner als Träger der seelischen Funktionen die Rinde
des Großhirns, in der die elementarsten Empfindungen in dem
Sinne lokalisiert seien, daß man jeder Funktion eine bestimmte
Stelle zuweisen könne. Diese Lokalisation sei relativ und dadurch
bedingt, daß eine verletzte Funktion durch eine gesunde
stellvertretend ersetzt werden könne. Wo bliebe da die Einheit
der menschlichen Seele? Was wir „Seele44 nennen, sei nur der
Inbegriff aller seelischen Erscheinungen, hinter denen wir ein
„Seelending" konstruieren. Der psycho-physisehe Parallelismus
werde vervollständigt durch die Annahme einer universellen
natürlichen Wechselwirkung von Körper und Seele, die aus materiellen
Substraten entstanden und an sie gebunden sei; die „Unsterblichkeit
" sei also „ein von Jahrtausenden gesponnenes Märchen
". — Die Errungenschaften der modernen Psychologie der
letzten Jahrzehnte, die peinlich genauen Arbeiten der englischen
und amerikanischen Society for Psychical Research und des in
Paris gegründeten Internationalen Instituts für Metapsychak,
dessen Ehrenpräsident der Physiologieprofessor an der Sorbonne,
Charles Richet, ist, scheint also dieser Vertreter abgestandener,
wissenschaftlich überwundener, materialistischer Schulweisheit
nicht zu kennen. Zu einer, vom freundlichen Einsender, Herrn
Dr. Carl Becker, gewünschten eingehenden Widerlegung fehlt uns
leider der Raum. Wir können nur, was schon Schopenhauer
gegenüber den Erscheinungen des tierischen Magnetismus und des
Somnambulismus feststellte, entgegnen, daß, wer heutzutage die
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