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Hof mann: Versuche über Telepathie, 5
Es wa»n jede gegenseitige suggestive Beeinflussung beider Personen
ausgeschlossen, denn die nächste Aufgabe wurde kurz bei
der Trennung beredet, aber die Wahl des Gegenstandes jeweilig
dem Sender allein überlassen.
Zunächst wurde am 22. März versucht, eine von 9 verschiedenen
Linienzeiehnungen geometrischer Figuren zu übertragen, wobei
Dr. Fr. Sender war. Es war bestimmt, daß er der gewählten,
Figur eine beliebige Färbung geben sollte, die er selbst bestim*
men sollte, so daß dem H. jede Kenntnis derselben mangelte.
Verabredet war, sowohl bei diesem wie den folgenden Versuchen
, daß die Übertragungszeit um 9 Uhr des Abends beginnen
\md 15 Minuten dauern sollte, um nicht die Aufmerksamkeit un-
Aötig zu beanspruchen.
Dr. Fr. hatte die Figur eines eisernen Kreuzes gewählt, der er
eine silberähnliche Färbung gegeben hatte. Die Notiz des H.
lautete:
Zunächst 9 Uhr 3—5 Minuten dämmerte ein weißes oder silbernes
E. K. Später ein schwarzes oder blaues Dreieck. Von
9 Uhr 20 Minuten langweilte mich die Sache und versuchte ich
dem Partner den Begriff „Drachenfels" zu übertragen.
Die Uebertragung des Dr. F. ist als glänzend gelungen zu be-
zeichnen. Die Rückübertragung scheiterte an der Unaufmerksamkeit
des Dr. Fr., der auf diese Rolle als Empfänger nicht eingestellt
war.
Das folgende Experiment ist interessanter. Die Notiz des H.
als Empfänger lautete:
Ich hatte mich igegen Abend in die Lektüre von Mommsenls
Römische Geschichte ganz vertieft und wurde auf einmal,
ohne daß ich dagegen in irgendeiner Weise ankämpfen
konnte, aus den „Vorbereitungen zum zweiten
makkedonischen Kriege" durch das Wort Pentagram'ma
unterbrochen und mußte das Buch schließen, weil ich diesem
Begriffe nicht mehr entfliehen konnte. Beim Nachsehen fand
ich, daß die Uhr 9 Uhr 10 Minuten zeigte, also der Zeitpunkt
der telepathischen Übertragung gekommen war. Die Farbe,
die mir dabei vorschwebte, war braun.
Dies stimmte genau mit des Senders Angabe. Dr. Fr. halte
das Wort Pentagramma „gerufen", d. h. in leichter Sprechweise
für sich gesagt und dabei die Figur angesehen und deren
braune Farbe betont. Wir haben also hier eine akustische Übertragung
vor uns, während am Tage vorher eine rein optische
bestand.
Besonders interessant ist das Empfinden des Anrufes, der gar
nicht in dem Augenblicke, wo er geschah, erwartet war.
Die Empfindlichkeit des Unterbewußtseins
— oder de's Organs des Unterbewußtseins,
welches die Aufnahme vermittelt, erscheint
also dann besonders geschärft, wenn das
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